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Politik: „Die Besatzer müssen unser Land räumen“

Der geistliche Führer der Hamas, Scheich Jassin, nennt Bedingungen für ein Ende der Gewalt gegen Israel

Nach Ihrem Treffen mit dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah, haben sie erklärt, es werde keinen Waffenstillstand mit Israel geben. Zu welchen Konditionen sind sie dennoch bereit, die Hamas-Attacken auf Israel zu stoppen?

Wir haben Michel Sabbah erklärt, dass wir nicht mehr bereit sind, auch nur einen einzigen Vorschlag zu machen. Wir haben solche schon mehrere Male gemacht, doch die andere Seite hat keine unserer E4 Initiativen respektiert. Es ist deshalb heute nicht an uns, Initiativen zu ergreifen, denn wir sind belagert, unter israelischer Besatzung. Wir haben unzählige von den Israelis verursachte Probleme. Die Israelis sollten die Initiative übernehmen. Danach werden wir überlegen, wie zu reagieren.

Wäre der Rückzug aus den besetzten palästinensischen Städten im Westjordanland so ein Schritt?

Vor dem kürzlichen Massaker hier in Gaza-Stadt gegen den Hamas-Führer Shehade hatten wir Bedingungen aufgestellt für einen Waffenstillstand, wie zum Beispiel Stopp den Liquidationen, Stopp der Häuserzerstörung, Stopp der Ermordung von Palästinensern.

Das war vorher. Doch was muss aus ihrer Sicht Israel nun tun, damit sie bereit sind, die Gewalt zu stoppen?

Die Besetzung muss beendet werden, die Besatzer müssen unser Land räumen, zurück auf die Grenzen von 1967 sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland. Erst dann wird es einen Waffenstillstand geben. Und die Siedlungen müssen ausgelöst werden, die Rückkehr der Flüchtlinge muss erlaubt werden …

…in das Gebiet des Staates Israel?

In der UN-Resolution 194 ist das Recht auf Rückkehr festgeschrieben. Wo gibt es da einen Unterschied zwischen Palästina und Israel? Es ist alles das Gleiche.

Sind sie bereit, in ihren militärischen Aktionen einen solchen Unterschied zu machen zwischen dem israelischen Staatsgebiet und den besetzten palästinensischen Gebieten, also zwischen Zivilisten in Israel und Siedlern und Soldaten?

Ich stelle die Gegenfrage: Sind die Israelis bereit, keine Zivilisten zu töten und keine Widerstandskämpfer? Werden sie damit aufhören? Wenn sie die Aggressionen gegen unsere Zivilisten stoppen, gegen unser Volk, dann werden wir ihren Zivilisten auch kein Haar krümmen. Im Prinzip zielen wir niemals auf Zivilisten. Doch wenn sie uns hier attackieren, tragen sie Uniformen und wenn sie nach Hause kommen, ziehen sie diese aus und tragen Zivil. So gehen sie vor.

Machen sie einen Unterschied zwischen Zivilisten und Siedlern?

Es gibt keine Zivilisten in Israel, alle sind Militärs, alles Besatzer.

Auch Kinder?

Nein, nein, Kinder nicht. Zählen sie einmal, wie viele israelische Kinder gestorben sind und wie viele palästinensische Kinder getötet wurden. 60 israelische sind gestorben.

Wir verloren 400 Kinder.

Ist der Oslo–Friedensprozess für sie tot?

Sagen sie mir welche Teile des Osloer Abkommens die Israelis umgesetzt haben …

… derzeit keine. Aber das Abkommen zeigte den Weg auf zu einem palästinensischen Staat. Würden sie einen solchen nur in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten und nicht auf israelischen Staatsgebiet akzeptieren?

Ich würde dies nicht zurückweisen, nein.

Würden sie danach weiterkämpfen gegen den jüdischen Staat oder diesen anerkennen?

Dies hängt von den dann herrschenden Bedingungen im Gazastreifen und in Westjordanland ab. Wie vollständig wird die Räumung von Siedlungen sein, wie der Rückzug der Armee und wo deren neue Stellungen.

Können Sie einem demokratischen Staat Palästina zustimmen oder wollen Sie einem religiösen Gottesstaat?

Wo gibt es einen solchen religiösen Staat? In Jordanien? In Ägypten? Wo? Nennen Sie mir einen.

Der Iran.

(Jassin lacht): Wir sind nicht der Iran.

Wird Hamas einen Gegenkandidaten gegen Arafat nominieren?

Wir müssen abwarten und sehen, was passiert.

Das Gespräch führte Charles A. Landsmann.

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