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Michelle Obama greift am 13. Oktober Donald Trump an, ohne seinen Namen zu nennen.

© dpa

Michelle Obama: Die bessere Hillary

Michelle Obama wird im Wahlkampf immer wichtiger für die Kandidatin Hillary Clinton. Sie steht für Glaubwürdigkeit, Leidenschaft und Überzeugung.

War das der Wendepunkt im Kampf um das Weiße Haus? Donald Trump verteidigte sich in Florida gegen den Vorwurf, ein Frauen-Grapscher zu sein, während seine Rivalin fast gleichzeitig in New Hampshire auf die Bühne ging und Trumps Verhalten in einer emotionalen Rede als menschenverachtend und frauenfeindlich angriff. Doch Trumps Kontrahentin hieß nicht Hillary Clinton. Sie hieß Michelle Obama. Die Frau des scheidenden Präsidenten wird immer mehr zur wichtigsten Wahlkampfhelferin für Clinton. Michelle Obama verbreitet bei ihren Auftritten all das, was viele Amerikaner bei Clinton vermissen: Glaubwürdigkeit, Leidenschaft und ehrliche Überzeugung. „Es tut weh, es tut weh“, sagte Obama über Trumps Äußerungen. „Es ist an der Zeit, aufzustehen und zu sagen: Genug ist genug.“ Sie sei bis ins Mark erschüttert – und das glaubte man ihr auch, denn ihre Stimme zitterte vor Wut darüber, dass sich einer wie Trump heutzutage immer noch damit brüsten kann, Frauen wie Freiwilid zu behandeln, um das Ganze dann als harmlose Witzeleien unter Männern abzutun.

Wie um Michelle Obama zu bestätigen, attackierte Trump in Florida eine der Frauen, die in den letzten Tagen berichtet haben, wie der Milliardär über sie hergefallen ist und gegen ihren Willen geküsst und getätschelt hat. Natasha Stoynoff, eine ehemalige Reporterin des Klatschmagazins „People“, hatte Trump vorgeworfen, sie im Jahr 2005 gegen eine Wand gedrückt und geküsst zu haben. „Schaut sie euch an, und schaut euch an, was sie sagt“, forderte Trump seine Anhänger mit Blick auf Stoynoff an: Die Journalistin sei nicht attraktiv genug für ihn, lautete die Botschaft.

Clinton hält sich aus der Debatte raus

Clinton, die in allen wichtigen Umfragen weit vor Trump liegt, hält sich weitgehend aus der Debatte heraus. Sie will Trumps Selbstzerstörung ihren Lauf lassen. Obama übernimmt es, die Haltung des Populisten aktiv anzugreifen – und sie tut es mit einer solchen Energie und Effizienz, dass in sozialen Medien diskutiert wird, warum die First Lady nicht selbst kandidiert. Bei ihrer Rede in New Hampshire brachte Obama das Kunststück fertig, Trumps Namen nicht einmal in den Mund zu nehmen, ganz so, als wolle sie ihn nicht durch eine direkte Nennung aufwerten. Obama habe Trump „vernichtet“, schrieb das linksliberale Nachrichtenportal „The Daily Beast“. CNN kommentierte, Obama könne Trumps Wahlkampf den Todesstoß versetzen.

Ihren Einfluss bezieht die First Lady aus ihrer großen Beliebtheit: Zwei von drei Amerikanern haben laut dem Umfrageinstitut Gallup einen positiven Eindruck von der 52-jährigen Anwältin und Mutter von zwei Töchtern. Das bedeutet, dass Obama nicht nur bei Anhängern ihrer eigenen demokratischen Partei, sondern auch bei Republikanern große Sympathien genießt. Schon beim Parteitag der Demokraten im Juli hatte sie eine der am meisten beachteten Reden gehalten. Nun setzt sie ihr rhetorisches Talent gegen Trump ein. Clinton weiß, dass sie da nicht mithalten kann: Sie beschränkt sich darauf, ihre Anhänger aufzurufen, sich Obamas Rede in New Hampshire anzuschauen. Die „Los Angeles Times“ analysierte, Obamas Rede sei möglicherweise einer der entscheidenden Momente im Wahlkampf gewesen.

Trump spricht von einer Konspiration globalen Ausmaßes mit Clinton an der Spitze, die ihn daran hindern soll, ins Weiße Haus einzuziehen. Das politische System der USA sei manipuliert, sagt Trump: Das hört sich sehr danach an, als lege er sich eine Erklärung für eine Niederlage am 8. November zurecht.

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