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Politik: Die besten Vorsätze

Rot-Grün will sich mit dem Gelingen der Gesundheitsreform beweisen. In Wörlitz demonstrieren die Fraktionsspitzen Einigkeit

Von Matthias Meisner

Rot-Grün regiert in Zeiten knapper Kassen, das schweißt zusammen. Unisono mit Grünen-Fraktionschefin Krista Sager muss SPD-Fraktionschef Franz Müntefering nach der gemeinsamen Klausur der Vorstände beider Fraktionen in Wörlitz herausstellen, dass die Bundesregierung auf Konsolidierungskurs bleibt. Am Vortag erst hatte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) vor der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin angekündigt, dass die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts wohl gesenkt werden muss. Ein Anstieg von 1,5 Prozent wird im Jahreswirtschaftsbericht, den Clement Ende Januar vorstellen will, wohl nicht mehr zu halten sein, gab nun auch Müntefering zu, ohne allerdings eine exakte Zahl zu nennen.

Steigen nun erneut die Schulden? Müntefering sucht der Frage auszuweichen: „Wir werden nicht in eine neue Nettoneuverschuldungslinie gehen, die dramatisch nach oben zeigt“, sagt er auf entsprechende Fragen. Und lässt so zumindest Interpretationsspielraum. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager müht sich, keine Meinungsverschiedenheiten erkennen zu lassen. Rot-Grün werde sich an den bisherigen „Instrumentenkasten“ halten, für den Fall, dass es zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommt, sagt sie – ein Mix demnach aus Sparen, mehr Einnahmen und neuen Schulden.

Doch wichtiger als solche Debatten war den Koalitionären, sich nach den Anlaufschwierigkeiten von Rot-Grün nach der Bundestagswahl im Herbst zu versichern, wieder gemeinsam auf richtigem Kurs zu sein. Sie sei „sehr optimistisch, dass wir jetzt aus einer schwierigen Zeit herausgekommen sind“, sagte Sager. Und Müntefering versicherte: „Diese Koalition ist belastbar.“

Beweisen will sich Rot-Grün mit dem Gelingen der Gesundheitsreform, laut Sager „eine der Hauptbaustellen in diesem Jahr“. Intern hatte es auf der Klausur von grüner Seite noch Kritik an der schlechten Abstimmung in der Regierung gegeben. Dass etwa Kanzler Gerhard Schröder seine Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) diese Woche einbestellt hatte, hatten die Grünen erst in der Zeitung lesen können.

In der Sache indessen betonten die Koalitionäre ihre Einigkeit. Fast wortgleich versicherten Müntefering und Sager, man wolle nicht, „dass Krankheit bestraft wird“. Eng verzahnt werden sollen Ulla Schmidts Pläne, für die Ende Februar die Eckpunkte vorgestellt werden sollen, mit den Überlegungen der Kommission zur Reform der Sozialsysteme. Die Empfehlungen des von Bert Rürup geleiteten Gremiums seien „sehr wichtig für unsere weitere Arbeit“, betonte Sager. Und auch Müntefering gab ein Bekenntnis zu einem flexibleren Gesundheitswesen ab, das unter anderem Bonusregelungen bei den Krankenkassen beinhalten soll. Dabei soll nicht gegen die Interessen der Beschäftigten im Gesundheitswesen verstoßen werden, wohl aber hart verhandelt werden mit Funktionären der Verbände, die laut Müntefering schon mal „mächtig auf den Senkel gehen können“.

Eine „Effizienzkur“ für das Gesundheitswesen sei die von Schmidt geplante Reform, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. SPD und Grüne einigten sich auf einen Zeitplan, wonach das Gesetzeswerk noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll.

Einen „weiteren Aufschlag“ plant Rot- Grün mit einer verstärkten Mittelstandsförderung. Die Stichworte lauten Bürokratieabbau, leichtere Existenzgründungen und bessere Eigenkapitalbildung. Clements grüner Staatssekretär Rezzo Schlauch hatte unter anderem vorgeschlagen, dass Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 50 000 Euro bis zu 50 Prozent pauschal von der Einkommenssteuer absetzen können. Die Auseinandersetzungen, die in dieser Frage mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) drohen, wurden in Wörlitz erst einmal vertagt.

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