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Politik: „Die CIA handelt meist im Alleingang“

Terrorexperte: Deutsche Dienste sind wohl nicht in denFall al Masri verwickelt

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass deutsche Behörden erst im Nachhinein von der Entführung des Deutsch-Libanesen al Masri durch die CIA erfahren haben?

Ja, das ist wahrscheinlich. Die CIA hat in den letzten 50 Jahren immer wieder im Alleingang gehandelt, ohne die Geheimdienste in befreundeten Ländern zu informieren, wie man das eigentlich unter Freunden erwarten dürfte. Es wäre eher ungewöhnlich, wenn die Central Intelligence Agency im Fall al Masri anders vorgegangen wäre und die deutschen Dienste einbezogen hätte.

Den deutschen Behörden war al Masri durchaus bekannt. Er hatte Kontakte zur Islamisten-Szene in Neu-Ulm, die überwacht wurde, vermutlich von den Landeskriminalämtern Baden-Württemberg und Bayern. Wie konnte er da fünf Monate lang verschwinden, ohne dass dies aufgefallen sein soll?

Das ist durchaus vorstellbar. Es stimmt zwar, dass das muslimische Kulturzentrum in Neu-Ulm zu jenen Orten in Deutschland zählt, die unter besonderer Beobachtung stehen. Al Masri verkehrte dort auch, spielte aber keine so große Rolle, dass eine Langzeit-Observation nötig gewesen wäre. Er wurde von den Diensten als eher harmlos eingeschätzt. So einer kann schon einmal unbemerkt fünf Monate vom Schirm verschwinden. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass dies geschieht. In der Vergangenheit ist es sogar einigen Terror-Verdächtigen immer wieder gelungen, für längere Zeit abzutauchen.

Al Masri glaubt, er sei nicht Opfer einer Verwechslung, sondern gezielt von der CIA entführt worden. Halten Sie dies für plausibel?

Eine Verwechslung al Masris mit einem Mann gleichen oder ähnlichen Namens, der Kontakte zu den Attentätern des 11. September gehabt haben soll, ist keineswegs auszuschließen. Grundsätzlich kommen immer wieder Pannen bei den Diensten vor.

Ist es vorstellbar, dass al Masri in seiner Gefangenschaft in Afghanistan von einem Soldaten der dort eingesetzten Bundeswehr-Elitetruppe Kommando Spezialkräfte verhört wurde?

Das schließe ich aus. Die KSK kämpft in Afghanistan vor allem gegen Taliban–Milizionäre. Nachrichtendienstliche Arbeit zählt nicht zu ihren Aufgaben, dafür sind die Soldaten gar nicht ausgebildet. Bei der Person, von der al Masri berichtet, muss es sich nicht um einen Deutschen handeln. Es könnte auch ein sehr gut Deutsch sprechender Amerikaner gewesen sein, der womöglich einem privaten Sicherheitsdienst angehört hat, mit dem die CIA kooperiert. Ich glaube nicht an eine Beteiligung deutscher Behörden.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger

Berndt Georg Thamm , Jahrgang 1946, ist Publizist und berät Polizei und Politiker. Seinem

Spezialgebiet, dem Terrorismus, widmet er sich bereits seit mehr als 30 Jahren.

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