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Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

© dpa

"Review 2014" im Außenministerium: Die Erwartungen an Deutschland sind groß

Im „Review“-Prozess des Außenministeriums ist deutlich geworden, dass die Erwartungen an Deutschlands Rolle in der Welt groß sind. Sein Ministerium wird Steinmeier aber deutlich leichter für ein stärkeres Engagement Deutschlands gewinnen können als die Masse der Bürger.

Von Hans Monath

Wenn Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Dienstag die Debatte mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes eröffnet, bringt er einen Gast mit, der große Erfahrung darin hat, wie man Menschen für einen effektiveren, besseren internationalen Auftritt des eigenen Landes gewinnt. Denn der ehemalige norwegische Außenminister Jonas Gahr Store hatte während seiner Amtszeit (2005 bis 2012) eine breite öffentliche Diskussion über die Außenpolitik seines Landes angestoßen.

Gastgeber Steinmeier ist noch mitten drin in diesem Prozess. Die Debatte mit seinen eigenen Mitarbeitern, die er heute führt, ist der Auftakt zur dritten Phase des Prozesses, der unter der Überschrift „Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken“ steht. In der ersten Phase hatten Wissenschaftler, Thinktanks, Vertreter der Zivilgesellschaft und Praktiker der Außenpolitik aus Deutschland und der Welt ihre Meinung gesagt zu den bisherigen Leistungen, den Defiziten und neuen, wünschenswerten Zielen deutscher Außenpolitik.. In der zweiten Phase suchten Steinmeier und seine Spitzendiplomaten in rund 50 Diskussionsveranstaltungen deutschlandweit den Kontakt mit dem interessierten Publikum.

Hohe Erwartungen an Deutschland

Schnell stellte sich heraus: Die Forderungen aus dem Ausland und unter den meisten der mehr als 50 „Review“-Experten reichten weit: Deutschlands Bestimmung sei es, „to lead Europe to lead the world“, hieß es da etwa. Deutschland solle „die Europäische Union revitalisieren“, ein „interkultureller Vermittler“ sein sowie eine „Brücke“ zwischen dem reichen Norden und dem „aufstrebenden Süden“. Es solle nicht weniger als „Russland europäisieren“ und „Amerika multilateralisieren.“

Die ersten Phasen des „Review“-Prozesses hätten gezeigt, „dass die Erwartungen an unser Land enorm hoch sind“, sagte der Außenminister Tagesspiegel-Online. Gleichzeitig häuften sich die Krisen, ob in der Ukraine, in Syrien und Irak oder mit der weltweiten Bedrohung durch das Ebolavirus. „Ich bin überzeugt: Die veränderten weltweiten Rahmenbedingungen müssen auch zu Veränderungen für den Auswärtigen Dienst führen“, fügte Steinmeier hinzu. Deshalb nehme das Auswärtige Amt mit der dritten Phase nun seine „eigene Arbeit ins Visier. Tun wir das Richtige, und tun wir es auf die richtige Art?“ Dem Minister geht es dabei auch um sehr Grundsätzliches, nämlich um die Frage, ob in einer Welt im Umbruch „die Pfeiler, auf denen das Koordinatensystem deutscher Außenpolitik fußt, noch hinreichend belastbar und verlässlich sind“:

Sechs Wochen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AA nun Zeit, ihre Vorschläge einzubringen – in so genannten „Fishbowls“ (ein Debattenformat, bei dem die Bühne jedem offen steht), „Gallery Walks“ oder Online-Diskussionen. Dabei wird sich auch herausstellen, ob die „Veränderungen für den Auswärtigen Dienst“, die Steinmeier schon ankündigt, von den Diplomaten eher als persönliche Bedrohung oder als Chance angesehen werden.

Mehrheit lehnt größeres Engagement in internationalen Konflikten ab

Doch es gehört nicht viel Fantasie zu der Vorhersage, dass der Außenminister das AA leichter für ein stärkeres außenpolitisches Engagement Deutschlands wird gewinnen können als die Masse der Bürger. Deutschland müsse „bereits sein, sich außen- und sicherheitspolitische früher, entschiedener und substanzieller einzubringen“, glaubt Steinmeier. Die große Mehrheit der Deutschen aber, so ergab eine Umfrage im Auftrag des AA und der Koerber-Stiftung vor wenigen Monaten, lehnt ein größeres Engagement Deutschlands in internationalen Konflikten entschieden ab

Der Außenminister wies bei der Vorstellung der Umfrage allerdings auch darauf hin, dass sich unter den 18- bis 29-Jährigen die Mehrheit für mehr deutsche Verantwortung in der Welt ausspricht – dass er für seine Ziele also in Zukunft Verbündete findet. Und die bisherige Erfahrung im „Review“-Prozess, so heißt es im Auswärtigen Amt, habe gezeigt, „dass es ein großes Bedürfnis gibt, über Außenpolitik zu diskutieren“.

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