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Politik: Die EU vor ihrer größten Erweiterung

Gipfel in Kopenhagen einigt sich über Finanzierung der Aufnahme von zehn Staaten / Türkei muss weiter warten

Kopenhagen. Die Europäische Union (EU) hat ihre Verhandlungen über die Aufnahme von zehn Beitrittskandidaten am Freitag auf dem Gipfel in Kopenhagen abgeschlossen. Damit steht die Union vor der größten Erweiterung in ihrer Geschichte. Der dänische Ratspräsident Anders Fogh Rasmussen erzielte einen Durchbruch bei den Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten über die Finanzierung der Erweiterung. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach von einer historischen Entscheidung. Der Erweiterung müsse nun die Vertiefung der EU folgen. „Das erweiterte Europa muss auf Dauer führbar bleiben“, sagte der Kanzler.

Ob die Europäische Union Beitrittsgespräche mit der Türkei führt, soll die EU nach einem Beschluss des Gipfels im Dezember 2004 entscheiden. Damit erhält Ankara kein konkretes Datum für den Beginn von Beitrittsgesprächen. Polen, Ungarn, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, die Slowakei, Zypern und Malta sollen ab dem 1. Mai 2004 Mitglieder werden. Am Abend hatte EU-Ratspräsident Rasmussen zuletzt noch mit Polen, Ungarn und Tschechien über Nachbesserungen des EU-Finanzpakets für die Erweiterung verhandelt. Vor allem Polens Ministerpräsident Leszek Miller hatte sich unzufrieden mit dem Angebot der dänischen EU-Präsidentschaft gezeigt, das für die gesamte Erweiterung die Summe von 40,4 Milliarden Euro für die Zeit zwischen 2004 und 2006 vorsah. Nach dem erzielten Kompromiss wurde die Summe auf 40,83 Milliarden Euro zu Gunsten der neuen Mitglieder aufgebessert. Dabei kann Polen unter anderem zusätzlich mit einer vorgezogenen EU-Zahlung von einer Milliarde Euro in den Jahren 2005 und 2006 zur Stabilisierung des Warschauer Haushaltes rechnen. Entsprechend geringer sollen dafür die Zuweisungen der Europäischen Union an Polen ab dem Jahr 2007 ausfallen.

Die Türkei kann dagegen nicht, wie die Regierung in Ankara gehofft hatte, mit der Aufnahme von Beitrittsgesprächen bereits im kommenden Jahr rechnen. Nach den Worten des schwedischen Regierungschefs Göran Persson einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Vorschlag, der auf die Aufnahme von Beitrittsgesprächen Ende 2004 oder im Jahr 2005 hinauslaufen könnte.

Nach dem Beschluss des EU-Gipfels sollen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union erneut im Dezember 2004 zusammenkommen, um über die Beitrittsfähigkeit der Türkei zu entscheiden. Die Grundlage für eine solche Entscheidung soll ein Bericht der EU-Kommission sein, in dem die Entwicklung der Türkei bei den politischen und wirtschaftlichen Reformen bewertet wird. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sprach von einem möglichen Beginn der Verhandlungen mit der Türkei im Januar 2005, falls die EU-Kommission zu einem positiven Ergebnis kommt. Der türkische Außenminister Abdullah Gül zeigte sich zunächst enttäuscht von der Entscheidung, signalisierte aber anschließend Zustimmung.

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