zum Hauptinhalt

Politik: Die gelähmte Regierung

Die Ungewissheit über den Rücktritt des palästinenischen Premierministers Kurei nimmt auch Präsident Arafat Spielraum

Am Donnerstagmorgen war das Thema noch der Gesundheitszustand von Palästinenserpräsident Jassir Arafat gewesen. Nach unbestätigten Meldungen soll er einen leichten Herzinfarkt erlitten haben, was von der Palästinenserführung sofort dementiert wurde. So wartete alle Welt auf seinen Auftritt vor dem palästinensischen Parlament am Donnerstagmittag, um wenigstens am Bildschirm einen Eindruck von seiner Stärke oder Schwäche zu bekommen.

Hier sollte Ahmed Kurei sein Regierungsprogramm präsentieren, doch stattdessen kam es zu einem Machtkampf zwischen dem Arafat und seinem langjährigen Vertrauten und neuen Premierminister. Arafat, ob mit Magengrippe oder Herzinfarkt, zeigte weder ein Zeichen von Schwäche noch von Verständnis für demokratische Spielregeln. Kurei hatte seinen Rücktritt zumindest angedroht. Wenn es dazu käme, wäre dies der zweite eines palästinensischen Premiers innerhalb eines Monats. Der scheidende Informationsminister Ziad Abu Amr nannte diese neue politische Krise laut Nachrichtenagentur AFP als „Schande“ für die Palästinenser.

Es scheint, als ob der neue Streit seinen Ursprung wieder in der Frage hat, welche Rechte der Präsident, der Premierminister und der für Sicherheit zuständige Innenminister haben. Am Sonntag, nach dem Bombenanschlag von Haifa, hatte Arafat den Notstand ausgerufen, was die Verfassung ihm erlaubt. Zugleich hatte Arafat eine Notstandsregierung unter Leitung Kureis eingesetzt, der fast ausschließlich Mitglieder von Arafats Fatah-Organisation angehören. Am Donnerstag haben nach Angaben von Beobachtern die Parlamentarier Kurei ihren Widerstand gegen die neue Regierung deutlich gemacht, die nach Arafats Willen nicht vom Parlament abgesegnet werden sollte. Viele Abgeordnete sind der Auffassung, dass auch eine Notstandsregierung ihrer Zustimmung bedarf. Unmut wurde auch darüber geäußert, dass viele politische Kräfte nicht in der neuen Regierung vertreten sind.

Angesichts dieses Widerstandes scheint Kurei sich gegen Arafat gestellt und seinen Rücktritt angedroht zu haben, um Arafat gefügig zu machen. Rücktrittsdrohungen sind ein oft gebrauchtes Mittel in der palästinensischen Politik. Streit hatte es zuvor bereits um den designierten Innenminister Nasser Joussef gegeben. Er hatte am Dienstag nicht an der Vereidigung des Kabinetts teilgenommen – aus Protest gegen die Umgehung des Parlaments, sagen die einen, weil er keine ausreichenden Befugnisse über die Sicherheitskräfte erhalten sollte, sagen anderen.

War die Regierung Abbas zum Großteil an der Unwilligkeit Israels gescheitert, trotz einer palästinensischen Waffenruhe auf Siedlungs- und Mauerbau sowie gezielte Tötungen zu verzichten, so geht es beim Streit jetzt um eine innerpalästinensische Debatte über die Spielregeln in einer entstehenden Demokratie. Doch auch wenn Arafat wieder den starken Mann mimt, so ist sein Spielraum begrenzt: Er braucht eine amtierende Regierung, die mit Israel und dem Westen verhandelt, als Schutz. Sonst hätte Israel einen stärkeren Vorwand, ihn zu deportieren.

US-Sanktionen gegen Syrien

Derweil werden Sanktionen der USA gegen Syrien immer wahrscheinlicher. Der außenpolitische Ausschuss des Repräsentantenhauses sprach sich für entsprechende Sanktionen gegen den Nachbarn Israels aus. 33 Abgeordnete billigten den Gesetzentwurf, zwei stimmten dagegen. Unter anderem soll so der Export von Waffen und Produkten zur Waffenproduktion nach Syrien verboten werden. Die USA werfen Damaskus vor, Terroristen zu unterstützen. Die syrische Zeitung „Tischrin“ nannte das Gesetz ein Werk radikaler Kräfte, das die Spannungen mit der arabischen Welt verschärfen wolle.

Israel hatte am Wochenende ein mutmaßliches Ausbildungslager für Anhänger der Terrorgruppe Islamischer Dschihad in Syrien angegriffen. Wie sich jetzt herausstellte, war das Lager zum Zeitpunkt des Angriffs offenbar weitgehend leer. Ein Großteil der stationierten Kräfte sei in der Nacht zum Sonntag zu einem Manöver ausgerückt, hieß es von israelischer Seite. Behörden in Syrien berichteten hingegen, das Lager stehe seit Jahren leer. Bei dem Luftschlag war nach syrischen Angaben ein Mensch verletzt worden. In Tulkarem im Westjordanland wurde indes am Donnerstag ein weiterer Selbstmordanschlag verübt. Eine Palästinenserin sprengte sich in die Luft und verletzte mindestens einen Israeli.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false