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Politik: Die gescheiterte Wahl der Stasi-Beauftragten trifft auch Ministerpräsident Biedenkopf

Auch eine Woche nach dem Scheitern der Wahl von Angelika Barbe (CDU) zur sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen herrscht in der CDU-Landtagsfraktion Erklärungsnotstand. Mindestens neun CDU-Abgeordnete, deren Namen und Motive niemand kennt, hatten Barbe in geheimer Wahl ihre Stimme verweigert und damit der eigenen Fraktion eine Niederlage bereitet.

Auch eine Woche nach dem Scheitern der Wahl von Angelika Barbe (CDU) zur sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen herrscht in der CDU-Landtagsfraktion Erklärungsnotstand. Mindestens neun CDU-Abgeordnete, deren Namen und Motive niemand kennt, hatten Barbe in geheimer Wahl ihre Stimme verweigert und damit der eigenen Fraktion eine Niederlage bereitet. An eine Verschwörung mag dennoch niemand so recht glauben.

Für CDU-Fraktionsvorständler Peter Jahr steht dennoch fest: "Das war kein Zufall. Das ist eine Kampfansage an den gesamten geschäftsführenden Fraktionsvorstand." Ein Rücktritt des Vorstandes wird ausgeschlossen. "Wir müssen wieder lernen, Dinge strittig zu diskutieren", sagt Jahr, was das gegenwärtigen Klima in der Fraktion erhellen mag. Als Gegenstand des Unmuts der Abgeordneten gilt Fraktions- und Parteichef Fritz Hähle, dessen Harmoniebedürfnis als Führungsschwäche interpretiert wird. Ihn hat der Vorgang schwer beschädigt. Er hat die Kandidatur von Barbe penibel vorbereitet - und ist gescheitert.

Getroffen wird auch CDU-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Denn Hähle ist sein Mann. Der 70-jährigen Ministerpräsident zeigt keine Amtsmüdigkeit. Das nährt bei den Abgeordneten angstvoll den Verdacht, er könne sein Versprechen wahr machen und bis zum Ende seiner Amtszeit durchhalten.

An den abendlichen Biertischen der Abgeordneten aber ist die Biedenkopf-Nachfolge längst ein festes Gesprächsthema. Die CDU-Abgeordneten nervt die Ungewissheit. Intern ist die Erwartung zu hören, dass Biedenkopf spätestens nach der Hälfte der Amtszeit zurücktreten müsse, wenn er es gut mit Sachsen und der CDU meine, damit sich der Nachfolger einen Amtsbonus aufbauen könne. Anderenfalls müsse er selbst noch ein weiteres Mal antreten. Das wiederum gilt als unwahrscheinlich.

Nicht mehr von Biedenkopf, sondern vom Erfolg des Nachfolgers, das ahnen die Abgeordneten, hängen auch ihre Chancen ab, wieder gewählt zu werden. Deshalb richten sich die Blicke vor allem auf Finanzminister Georg Milbradt, der im Nachfolge-Rennen als Favorit gilt. Auch ein neuer Fraktionsvorsitzender ist im Grunde schon gefunden. Der Dresdner Horst Metz, der finanzpolitische Sprecher, gilt als neuer starker Mann der Landtagsfraktion. Milbradt spricht von Metz in Tönen höchster Wertschätzung. In den Köpfen der CDU-Abgeordneten hat das Duo Milbradt / Metz an der Spitze von Freistaat und Fraktion offensichtlich längst Gestalt angenommen. Doch Metz hütet sich vor Illoyalitäten. Er sei mit dem, was er jetzt mache, ganz zufrieden, sagt er. Eine ernsthafte Führungskrise im Gefolge der gescheiterten Wahl von Angelika Barbe soll abgewendet werden. Es wird nach einem neuen Kandidaten für das Amt des Landesbeauftragten gesucht. Mehr noch interessiert aber, ob es Hähle und Biedenkopf noch einmal gelingt, die Fraktion zu disziplinieren. Den Fall, dass auch der neue Kandidat an der CDU scheitert, mag sich noch niemand recht vorstellen. "Das wäre es dann gewesen", sagt der Abgeordnete Jahr.

Ralf Hübner

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