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Politik: Die Geschichten vor der Geschichte

Die Föderalismuskommission geht in die entscheidende Runde – erste Ergebnisse zeichnen sich ab

Berlin - Franz Müntefering und Edmund Stoiber haben harte Wochen vor sich, an deren Ende sie Geschichte machen können: Denn kommt die von ihnen geleitete Föderalismuskommission zu einem einigermaßen achtbaren Ergebnis, wird im Lauf des nächsten Jahres die wohl größte Verfassungsreform in der Geschichte der Bundesrepublik ins Werk gesetzt werden. Es geht um nichts weniger als die Neujustierung des Verhältnisses von Bund und Ländern. Die Generallinie lautet: Die Zustimmungsrechte des Bundesrats werden beschnitten, dafür werden die legislativen Kompetenzen der Länder wieder gestärkt. Der Prozess der Gesetzgebung soll flüssiger und durchsichtiger werden.

Doch die Arbeit der Kommission gestaltet sich zäh. „Verteilungsfragen sind Machtfragen“, heißt es aus der Kommission. An diesem Donnerstag steht eine vorentscheidende Sitzung an – sie wird nicht öffentlich sein, es kann also Tacheles geredet werden. Das Thema: Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte, nebenbei auch die Rolle der Hauptstadt Berlin. Müntefering und Stoiber werden wohl versuchen, sich ein Stimmungsbild zu verschaffen, Klarheit zu gewinnen, was geht und was nicht geht. Die beiden haben sich dieser Tage unter vier Augen beraten – und vielleicht schon abgesteckt, wie ein Kompromiss aussehen soll. Doch können sie auch die Kommission darauf verpflichten? Vor allem aber: Macht die Bundesregierung mit? Deren Vertreter sind zwar nicht stimmberechtigt, doch hat das Kabinett alle Mittel, zumindest die rot-grünen Kommissionsmitglieder zu beeindrucken.

Und die Regierung macht Druck. Der Kanzler hat verlauten lassen, mit den Vorschlägen der Länder – die sich auch gegen rot-grüne Pläne etwa in der Bildungspolitik richten – lasse sich Deutschland nicht regieren. Verbraucherministerin Renate Künast klagt schon seit Wochen darüber, die Länder wollten nur mehr Geld, aber keine vernünftige Reform – die aus Sicht von Schröders Kabinett natürlich die Zentrale stärken soll. Ministerpräsidenten halten dagegen, man wolle lieber keine Reform als eine nach dem Schnittmuster von Schröder und Co.

Abseits des Theaterdonners aber zeichnen sich Ergebnisse ab. „Wir sind weiter, als viele annehmen“, sagt Volker Kröning, SPD-Obmann in der Kommission. Die Zahl der im Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetze dürfte sich erheblich reduzieren, indem man Gesetzesinhalt und Verwaltungsverfahren trennt – Letzteres sollen die Länder selbst regeln. Allerdings ist unklar, wie man mit Gesetzen verfährt, die den Ländern Kosten aufladen. Hier, so heißt es, gebe es aber eine positive Entwicklung, weil sich die Bundesregierung auf die Länder zubewege. Bezahlung und Dienstrecht von Beamten werden Bund und Länder wohl künftig selbst regeln, zudem soll es bei einer Reihe von Politikfeldern die Möglichkeit geben, dass Länder von Bundesrecht abweichen.

Die Bildungspolitik wird alleinige Ländersache, beim Hochschulwesen sollen nur der Zugang zum Studium, die Abschlüsse, die Qualitätssicherung und das Dienstrecht einheitlich geregelt werden – strittig ist noch, ob durch ein Bundesgesetz oder durch eine Vereinbarung zwischen den Ländern. Während der Bund bei der Forschungsförderung weiter beteiligt sein soll, soll der Hochschulbau ganz den Ländern übertragen werden, wobei der Bund noch eine Zeit lang finanziell engagiert bleibt. Sozialhilfe und Jugendhilfe bleiben wohl Bundessache, auch die Ausbildungsförderung und die berufliche Bildung werden entgegen den Länderwünschen vermutlich weiter zentral geregelt.

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