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Politik: Die Grünen: Prominente Politiker der Partei üben Selbstkritik

Die Kritik des Grünen-Mitbegründers Daniel Cohn-Bendit am Verhältnis der Partei zu den Globalisierungskritikern hat bei prominenten Politikern seiner Partei ein positives Echo gefunden. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Müller, räumte ein, ihre Partei habe die Bewegung der Globalisierungskritiker teilweise unterschätzt.

Die Kritik des Grünen-Mitbegründers Daniel Cohn-Bendit am Verhältnis der Partei zu den Globalisierungskritikern hat bei prominenten Politikern seiner Partei ein positives Echo gefunden. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Müller, räumte ein, ihre Partei habe die Bewegung der Globalisierungskritiker teilweise unterschätzt. Große Teile davon hätten "sehr ernsthafte Anliegen" und würden sie friedlich vertreten, sagte Müller am Donnerstag in Berlin.

Der Chef der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks, sah in Cohn-Bendits Kritik einen "wahren Kern". Cohn-Bendit habe jedoch überspitzt formuliert. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans- Christian Ströbele warnte, die Grünen würden überflüssig, wenn sie eine solche soziale Bewegung an sich vorbeiziehen ließen. "Die Bewegung muss Teil der grünen Identität werden", sagte Ströbele der Tageszeitung "Die Welt".

Der Europa-Abgeordnete Cohn-Bendit hatte seiner Partei "Ignoranz" vorgehalten. Sie merke nicht, dass mit der Bewegung der Globalisierungskritiker eine neue politische Generation heranwachse. Dadurch werde die kritische Jugend abgeschreckt.

"Wir müssen die politischen Anliegen der Bewegung ernst nehmen und uns dieser Themen stärker annehmen", sagte Müller. Es gehe darum, die Globalisierung sozial und ökologisch zu gestalten. Müller plädierte dafür, die Politik der Entschuldung der Entwicklungsländer verstärkt fortzusetzen und den Verfassungsprozess in Europa voranzutreiben. Sie setzte sich auch für die Einführung der "Tobin"-Steuer zur Abschöpfung von Spekulationsgewinnen ein.

Fücks sagte im Deutschlandfunk, die jungen Leute mit "hochmoralischen politischen Anliegen" hielten die Politik der kleinen Schritte nicht für ausreichend. Zwar könnten die Grünen den Rollenwechsel von einer Protestbewegung zu einer Regierungspartei nicht verleugnen. Dennoch müsste die Partei die Kluft zu den heutigen Protestbewegungen schließen. Die Grünen könnten die Welt nicht nur "aus Regierungsaugen" betrachten. "Das wäre gefährlich", meinte Fücks.

Müller wies Cohn-Bendits generelle Kritik am Zustand der Grünen zurück. Cohn-Bendit hatte seiner Partei auch Ideenlosigkeit und fehlende Visionen vorgeworfen. "Die derzeit laufende Grundsatzdebatte in der Partei zeigt, dass die Grünen sehr wohl Visionen für die zukünftige Gestaltung der Gesellschaft haben", sagte Müller.

Der grüne Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, verteidigte seine Partei gegen den Vorwurf Cohn-Bendits, sie habe ein gestörtes Verhältnis zu den Globalisierungskritikern. Er räumte allerdings Versäumnisse von Partei und Bundestagsfraktion in den 90er Jahren ein.

Cohn-Bendit hatte in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit" und in einem taz-Interview seine Partei angegriffen. Er warf ihr neben "Ignoranz" auch "realpolitisch verkleideten Opportunismus" und Betriebsblindheit vor. Vorwürfe machte Cohn-Bendit besonders seinem alten Mitstreiter, Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne). Dieser hatte einem Teil der Demonstranten beim G-8-Gipfeltreffen einen "abgestandenen Linksradikalismus" vorgeworfen. Zu dieser Kritik Fischers hatte Cohn-Bendit schon früher gesagt, Fischer "rede blöd daher".

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