zum Hauptinhalt

Politik: Die Grünen setzen dem Rentnerfreund ein neu-altes Konzept entgegen (Meinung)

Noch ist es nicht so schlimm: Etwa 30 Millionen Deutsche sind über 50 Jahre alt, knapp zehn Millionen noch nicht mündig, 40 Millionen sind unter 50 und wahlberechtigt. Mit anderen Worten: Noch halten die Jüngeren in Deutschland die Mehrheit der Wähler.

Noch ist es nicht so schlimm: Etwa 30 Millionen Deutsche sind über 50 Jahre alt, knapp zehn Millionen noch nicht mündig, 40 Millionen sind unter 50 und wahlberechtigt. Mit anderen Worten: Noch halten die Jüngeren in Deutschland die Mehrheit der Wähler. Wenn auch nur knapp und nicht mehr lange. Wir stehen also, numerisch betrachtet, am Beginn einer Gerontokratie, einer Herrschaft der Alten.

Nun könnte man einwenden, die Frauen hätten formal ja schon immer die Mehrheit inne, aber offenkundig nicht die Macht. Ob demographische Tatbestände auch politische Wirkung haben, hängt also von den Umständen ab: Die Mehrheit der Frauen hätte sich politisch verbünden müssen, um die Machtverhältnisse in der traditionellen Männergesellschaft umzustürzen. Das haben sie nicht getan, und darum haben die Männer immer noch etwas mehr zu sagen als die Frauen.

Die Alten dagegen brauchen gar nichts zu tun, um Macht zu gewinnen. Die Sozial- und Rentensysteme sind bereits so organisiert, dass die Umverteilung zu ihren Gunsten läuft. Das Interesse der Alten besteht also darin, dass möglichst wenig geschieht. Und, was noch wichtiger ist: Gerontokratie kann nur erfolgreich sein, wenn sie nicht auffällt. Den Jungen nicht, weil die sich sonst zusammentun. Und den Alten nicht, denn die meisten von ihnen würden, wenn man sie denn fragte, lieber nicht ihre Kinder und Enkel übervorteilen wollen.

Gerontokratische Politik erkennt man daran, dass möglichst viel durcheinander geredet wird; solange bis keiner mehr genau weiß, an welcher Stelle der Rentenreform-Debatte man sich gerade befindet. Und dann darf nach den vielen Worten natürlich möglichst nichts passieren. Das wenige, was passiert, muss von ausgiebigem Wehgeschrei begleitet sein. Ungefähr das bewirkt die Rentenpolitik von Walter Riester.

Verantwortliche Politik, an den Interessen der Jüngeren ausgerichtet, erkennt man daran, dass sie den Rentnern etwas mehr nehmen und den Automatismus der Umverteilung von Jung zu Alt brechen will. Dazu hat die Regierung Kohl den demographischen Faktor ersonnen: Je mehr Rentner - desto weniger Rente. Das ungefähr wollen auch die Grünen.

Eine Schwierigkeit besteht für sie darin, dass die SPD den Wahlkampf auch mit Polemiken gegen jenen demographischen Faktor gewonnen hat. Wie können die Grünen nun den demographischen Faktor wiedereinführen, ohne dass die SPD bloßgestellt wird? Sie haben eine Lösung gefunden: den Generationenfaktor. Der tut das gleiche wie der demographische Faktor auch, nur auf noch etwas radikalere Weise. Schade nur - zumindest hier - dass Grüne und Schwarze im Bundestag keine Mehrheit haben.

Auch Walter Riester war unterdessen nicht untätig. Er möchte die Rente ab 60. Diese Forderung ist keine gute gerontokratische Politik, weil sie in bisher nie gekannter Offenheit daherkommt: Damit die Alten früher in Rente gehen können, sollen die Jungen auf Lohn verzichten. Das ist dreist, so dreist, dass der Arbeitsminister mit einem Zusatztrick kommt: Nur in den ersten fünf Jahren soll der Lohnverzicht den Älteren dienen. Von dann an wird das Geld in einen Kapitalstock gehen, der später die Rente der heute Jüngeren aufbessert: Die Jungen sollen erstmal zahlen und fünf Jahren sieht man weiter. Sind die Jungen noch so naiv?

Es kommt nicht oft vor in dieser rot-grünen Koalition, dass der kleinere Partner sich durchsetzt. Hier wäre es ihm zu wünschen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false