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Politik: Die Grünen wollen umsteuern, und Hans Eichel beginnt den ersten Arbeitstag in Berlin mit einem Dementi

Ein bisschen ruhiger hatte Hans Eichel sich den Auftakt seines ersten Arbeitstags im neuen Berliner Amtssitz schon vorgestellt. Als der Bundesfinanzminister um kurz zehn Uhr mit seiner dunklen Limousine vorfuhr, standen Scharen von Journalisten zur Begrüßung bereit.

Ein bisschen ruhiger hatte Hans Eichel sich den Auftakt seines ersten Arbeitstags im neuen Berliner Amtssitz schon vorgestellt. Als der Bundesfinanzminister um kurz zehn Uhr mit seiner dunklen Limousine vorfuhr, standen Scharen von Journalisten zur Begrüßung bereit. Doch fast alle interessierte nur eine Frage: Wird die Bundesregierung Dieselkraftstoff stärker besteuern? 36 Pfennig pro Liter seien gepant, hieß es. Eichels Antwort war so knapp wie bestimmt! "Alles Unsinn", sagte er, "kalter Kaffee." Planungen für eine höhere Steuer auf Diesel gebe es nicht. In der SPD-Bundestagsfraktion wird dennoch über diesen Schritt nachgedacht. Der stellvertretende finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Reinhard Schultz, hatte es der "Bild"-Zeitung angekündigt: "Wir haben die Absicht, die Steuersätze von Diesel und unverbleitem Benzin auszugleichen, wenn die Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer umgelegt wird."

Richtig neu ist das allerdings nicht. Die Grünen fordern das seit langem. Erst im Juli haben die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Kristin Heyne, und ihr umweltpolitischer Sprecher, Reinhard Loske, in einem Brief an sozialdemokratische Kollegen darauf hingewiesen, dass weite Teile ihrer Partei mit der ökologischen Ausrichtung der rot-grünen Finanzpolitik nicht zufrieden seien. Deswegen hielten sie es für "unverzichtbar", die "ökologische Ausrichtung stärker als bisher zu berücksichtigen", forderten die Grünen.

Punkt drei in diesem Schreiben lautet "Abbau der Subventionierung des Dieselkraftstoffes". "Für die geringe Mineralölsteuer auf Diesel gibt es weder eine ökologisch noch eine ökonomisch hinreichende Begründung. Deswegen schlagen wir vor, die bestehende Differenz von 0,36 Mark in kleinen Schritten behutsam abzubauen. Mittelfristig muss in diesem Zusammenhang die Reduzierung der höheren Kfz-Steuer für Dieselfahrzeuge erreicht werden", schreiben Heyne und Loske. Es sei jedoch "definitiv nichts dran", den steuerlichen Vorteil von Diesel von derzeit 36 Pfennigen auf einen Schlag abzubauen, betonte Loske am Montag. Ihm schwebt ein Zeitraum von zehn Jahren vor. Jetzt könne man keine isolierte Diskussion über die Diesel-Steuer führen, sagte Loske. Die Bürger müssten erkennen, dass es nicht darum gehe, Steuern zu erhöhen, sondern umweltpolitische Ziele zu erreichen. Und umweltpolitisch sei der Steuervorteil für Diesel gegenüber bleifreiem und schwefelarmen Benzin nicht zu rechtfertigen.

Nichts dran also an den Meldungen über die höhere Steuer? Doch, im Grundsatz sind sich die Fachpolitiker der beiden Regierungsfraktionen jedenfalls einig, berichtet Christine Scheel, die Vorsitzende des Finanzausschusses. "Die Frage ist nur, wie man das nun macht." Da gleichzeitig zur Mehrbelastung für Diesel die Kraftfahrzeugsteuer gesenkt werden soll, muss mit den Ländern verhandelt werden. Denen fließen die Einnahmen aus der Kfz-Steuer zu, und sie werden einer Kürzung nur schwerlich zustimmen, wenn der Bund ihnen nicht anderweitig Kompensation anbietet.

Im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt 2000 und dem Sparpaket, das Finanzminister Eichel in der kommenden Woche durch das Bundeskabinett bringen will, wird Diesel also noch nicht teurer werden. Warum aber ist SPD-Mann Reinhard Schultz dann jetzt mit dieser Idee an die Öffentlichkeit gegangen?

Bei den Grünen haben einige einen Verdacht: Nachdem die Sozialdemokraten mit Steuerdebatten das Sommerloch gefüllt haben, wollten einige den schwarzen Peter jetzt vielleicht mit den Diesel-Ideen an den kleinen Koalitionspartner weiterschieben.

Carsten Germis

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