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Alles hört auf ihr Kommando. Angela Merkel vor Bundeswehrsoldaten.

© dpa

Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik: Die Köchin und ihre Kellner

Ursula von der Leyen und Frank-Walter Steinmeier sollen Rivalen sein. Und wenn schon. Die Grundsatzentscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik trifft ohnehin nur eine, Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Deutsche Außenpolitik wird im Kanzleramt gemacht. Der Satz wird Gerhard Schröder zugeschrieben, das Faktum aber, das er beschreibt, ist älter. Von Konrad Adenauer (Westbindung), Willy Brandt (Ostpolitik), Helmut Schmidt (Nachrüstung), Helmut Kohl (Wiedervereinigung), Gerhard Schröder (Nein zum Irakkrieg, Ja zu Kosovo und Afghanistan) bis hin zu Angela Merkel (Euro-Rettung) haben bisher stets die Regierungschefs die außen- und sicherheitspolitischen Grundsatzentscheidungen getroffen, nicht die Minister. Und wenn diese doch einmal eine gewisse Wucht mit ins Amt brachten – ein Verteidigungsminister Schmidt etwa oder die Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Joschka Fischer –, dann setzte das nie die Grundregel außer Kraft. Maßgeblich ist das Wort des Chefs/der Chefin.

Das gilt auch, wenn die Chefin nicht so gern als Verkünderin auftritt und sich in Sachen Richtlinien und Strategie eher zurückhält. Weil das indes nicht jeder versteht, wurde die letzte Sicherheitskonferenz in München umgedeutet zum Beginn einer fundamentalen Neuorientierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik in Richtung mehr Kriegseinsätze, mehr Einmischung, mehr Militär.

Gibt es einen neudeutschen globalen Verantwortungswahn?

Seitdem liegen die Deutschen auf der Lauer: Die Ukraine unterstützen, Sanktionen gegen Moskau verhängen, den Jesiden im Irak helfen – kündet das alles schon von einem neudeutschen globalen Verantwortungswahn? Denn hatten in München nicht der Bundespräsident, der Außenminister und die Verteidigungsministerin alle in dasselbe Horn geblasen?

Ja, das hatten sie. Aber eben – nur sie. Angela Merkel indes, das Gesicht Deutschlands in der Welt, die Stimme des Landes und Frau, auf die es ankommt, schweigt. Sie beteiligt sich nicht an der „Militarisierungsdebatte“, sondern entscheidet, wie sie es immer getan hat, von Fall zu Fall. Sie fährt nach Lettland und sichert den baltischen Staaten die Solidarität der Nato zu. Sie telefoniert mit Barack Obama und Wladimir Putin, den Hauptakteuren rund um diverse Krisen, um jenseits von diplomatischen Achtaugengesprächen in der Villa Borsig den direkten Kontakt zu den Entscheidungsträgern zu halten. Am Samstag besucht sie die Ukraine und wird wohl auch dort symbolische Akzente setzen, die nachhaltiger sind als noch so intensiv durchdachte Grundsatzreden.

Rivalitäten zwischen Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium sind normal

Das außenpolitische Gewicht Merkels relativiert auch den angeblichen Profilierungsstreit zwischen Ursula von der Leyen und Frank-Walter Steinmeier. Denn es ist ziemlich egal, wer von diesen beiden sich besser in Szene setzt, die markigeren Sätze sagt, konzeptionell zu überzeugen versucht, Vor- oder Nachdenker ist. Frau von der Leyen hat dafür zu sorgen, dass die Truppe in einem anständigen Zustand ist, Steinmeier muss sich als Oberster Diplomat im Rahmen der von Merkel vorgegebenen Krisenpolitik bewähren.

Außerdem sind gewisse Rivalitäten zwischen Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium normal. Zuletzt stritten sich Guido Westerwelle und Karl-Theodor zu Guttenberg darum, wer am meisten von Außenpolitik versteht. Was dieser Streit bedeutete und wie er ausging, ist bekannt.

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