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Politik: „Die Koffer sind gepackt“

Die ausländischen Journalisten in Bagdad dürfen nur noch in drei Hotels wohnen. Sie erwarten, dass der Krieg nächste Woche beginnt

Herr Armbruster, werden die internationalen Journalisten in Bagdad in bestimmten Hotels zusammengezogen?

Richtig, seit Donnerstag gibt es diese Anordnung des Informationsministeriums.

Was sind die Gründe?

Zunächst wird natürlich mit unserer Sicherheit argumentiert, dass wir nicht mehr über die Stadt verstreut wohnen sollten. Ich habe bis jetzt in einem kleineren Hotel gelebt, bin jetzt aber umgezogen. Man kann die Maßnahme, der man Folge leisten muss, aber auch als Absicht verstehen, die Journalisten besser kontrollieren zu können.

Werden die Korrespondenten je nach Herkunftsland verteilt?

Nein, man kann frei unter drei Hotels aussuchen: Al Raschid, Al Mansur und Palestine.

Bedeutet die Konzentration der Journalisten zugleich eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit?

Würde ich nicht sagen. Im Moment können wir unsere Arbeit unter den gegebenen, wenn man so will, normalen Bedingungen leisten – im Pressezentrum, auf den Straßen, natürlich immer mit Begleitung. Die Storys müssen stets genehmigt werden. Klar ist: Wenn der Krieg ausbricht, dann wird die Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt.

Wächst die Nervosität?

Durch die wachsende Nähe zum Krieg – ja. Wir gehen eigentlich alle davon aus, dass er nächste Woche ausbricht.

Im letzten TagesspiegelInterview sagten Sie, Sie würden in diesem Falle Bagdad verlassen. Ist es soweit?

Die Koffer sind gepackt, das Angebot der Deutschen Botschaft steht, die Stadt in einem Autokonvoi nach Amman zu verlassen. Wir denken auch sehr scharf darüber nach. Auf eigene Faust sollte man da nichts unternehmen. Ich habe noch immer keinen wahnsinnigen Ehrgeiz, hier zu bleiben, auf der anderen Seite fällt es mir schwer, eine Story abzubrechen, wenn sie am brisantesten wird.

Gehen alle deutschen Journalisten zusammen?

Da gibt es sehr unterschiedliche Aussagen.

Wenn Sie bleiben: Was müssen Sie im Kriegsfall am meisten fürchten?

Ich habe weniger Furcht vor der Bombardierung. Ich sorge mich stärker um die Frage: Was machen die Iraker mit uns? Das Regime wird den Krieg nicht überleben. Es müssen nicht einmal Übergriffe regimetreuer Kräfte sein, es können in der Phase allgemeiner Anarchie auch andere Iraker, vielleicht kleine Kriegsherren sein, die uns zum Ziel nehmen. Sie wissen ja, dass ausländische Journalisten ziemlich viel Geld in der Tasche haben.

Bewegt sich das Leben in Bagdad bereits in anderen Bahnen?

Nein, das kann man eigentlich nicht sagen. Es bewegt sich manchmal in seltsamen Bahnen. Ich habe gerade für den ARD-Weltspiegel am Sonntag einen Film über einen Familienvater mit sechs Kindern gedreht. Der hat sich in seiner Wohnung jede Menge Vorräte angeschafft, aber er hat auch eine Kalaschnikow. Er hat uns demonstriert, wie er in einer Sandsack-Stellung die Amerikaner bekämpfen will. Wir haben ihn gefragt, ob das für einen Familienvater nicht grober Unfug sei. Er war aber nicht davon abzubringen.

Das Gespräch führte Joachim Huber.

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