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Die Linke: "Ein ziemlich bunter Haufen"

Lothar Probst forscht zum Thema Die Linke an der Universität Bremen. Im Interview spricht er über eine Partei, die dabei ist, die politische Landschaft in Deutschland zu verändern – dabei aber noch einige Probleme aus dem Weg zu räumen hat.

Herr Probst, was bedeutet der Einzug der Linken in den hessischen und niedersächsischen Landtag?

Bis 2005 hat die ostdeutsche Linkspartei vergeblich ihre Westausdehnung betrieben. Durch das Zusammengehen mit der WASG und deren Zugpferd Oskar Lafontaine bei der Bundestagswahl 2005 hat sich Situation jedoch grundlegend verändert. Seitdem hat die Linkspartei auch ein Bein im Westen. Nachdem sie im letzten Jahre bereits in Bremen in die Bürgerschaft eingezogen ist und jetzt in die Landtage zweier großer Flächenstadten, kann man sagen, dass die Linke auf dem besten Weg ist, eine gesamtdeutsche Partei zu sein.

Eine Zäsur in der Parteiengeschichte?

Bisher hatten wir eine Zweiteilung des Parteiensystems: Im Osten saß die Linkspartei/PDS mit Stimmenanteilen von über zwanzig Prozent fest im Sattel, im Westen war sie dagegen eine vernachlässigbare Größe. Das hat sich jetzt geändert: Durch ihren Einzug in westdeutsche Landesparlamente zeichnen sich die Konturen eines Fünf-Parteien-Systems ab. Insofern kann man tatsächlich von einer Zäsur sprechen.

Worin liegt der Erfolg der Partei?

Es gab zwei Voraussetzungen für den jetzigen Erfolg: Das eine war der Zusammenschluss zwischen WASG und Linkspartei/PDS, denn man brauchte für einen gesamtdeutschen Parteibildungsprozess einen Counterpart im Westen und der fehlte zuvor. Außerdem hat die Linke mit Oskar Lafontaine ein prominentes Westgesicht bekommen, das nicht nur rhetorisch glänzen kann, sondern auch Zugang zu SPD-Milieus hat.

Wer wählt die Linke?

Während der Regierung unter Schröder haben sich zunehmend Mitglieder und Wähler von der SPD abgewandt, die trotz des Linksrucks unter Kurt Beck nicht wieder zur SPD zurückkehren. Die wollen eine weitere politische Kraft, die Fragen der sozialen Gerechtigkeit ins Zentrum rückt und als Korrektur zur SPD wirkt. Die Linke ist inzwischen also in einem eigenen sozialen Milieu verankert. Hinzu kommen Protestwähler, die nicht mehr daran glauben, dass es große Unterschiede zwischen CDU und SPD gibt und die beiden Volksparteien den Rücken gekehrt haben.

Was ist mit dem alten Vorwurf der SED-Nachfolgepartei?

Das hat sich meines Erachtens längst erledigt. Die CDU in Hessen hat noch einmal versucht, diese Karte zu spielen, aber das wirkt schon lange nicht mehr. Die Linke regiert in Berlin bereits die zweite Amtsperiode mit Herrn Wowereit, vorher hat sie auch in Mecklenburg-Vorpommern mitregiert. De facto ist die Linke längst ein Teil des parlamentarischen Parteiensystems. Ich bin überzeugt, dass die Linke mittelfristig auch im Westen koalitionsfähig wird.

Im Moment ist sie zwar noch ein ziemlich bunter Haufen und das bedeutet, dass der Parteibildungsprozess im Westen noch nicht abgeschlossen ist. Die Partei schleppt noch immer einen Rattenschwanz an Problemen aus dem Zusammenschluss von WASG und PDS mit sich herum. Das zeigt sich am Beispiel Bremen, wo die Linke gegenwärtig eher einen desolaten Eindruck hinterlässt. Da gibt es noch viele Leute, die sich mit dem Parlamentarismus nicht abgefunden haben, sondern ihre Systemgegnerschaft pflegen.

Wird die hessische SPD von Frau Ypsilanti bei den Koalitionsverhandlungen umkippen und doch mit der Linken koalieren?

Theoretisch könnte sie sich zwar mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen, aber das wäre Wortbruch gegenüber ihren Aussagen im Wahlkampf. Eine feste Koalition mit der Linken wird sie nicht eingehen.

Was bedeuten die Ergebnisse auf der Bundesebene?

Die SPD wird daran festhalten, dass die Linke im Westen nicht koalitions- und politikfähig ist. Diese Linie wird man zumindest bis zur Bundestagswahl 2009 durchhalten. Was danach kommt, ist eine andere Frage.

Das Interview führte Marie Preuß

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