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Oskar_Lafontaine

© dpa

Die Linke: Rot sollen sie werden

Honeckers Traum: In der Geburtsstadt des SED-Chefs kürt die Linkspartei Lafontaine als Spitzenkandidat. Das soll nur der Anfang sein. Wenn 2009 im Saarland der Landtag gewählt wird, will Lafontaine die neunjährige CDU-Ära beenden.

Von Antje Sirleschtov

Dass die saarländische Linkspartei diesen ersten ordentlichen Parteitag nicht in Saarbrücken, sondern in Neunkirchen abhält, hat nur auf den ersten Blick nichts mit Erich Honecker zu tun. Auch, wenn die Saar-Linke gleich zu Beginn der Veranstaltung Gerüchte zerstreute, sie habe den Veranstaltungsort aus alter Verbundenheit mit dem einstigen SED-Führer gewählt. Klar, sein Geburtshaus steht hier gleich um die Ecke vom Neunkirchener Bürgerhaus. Aber ein Zeichen der inhaltlichen Verbundenheit mit östlichen SED- Nachfolgelinken? Nein, so will man den Ort des Parteitages nicht meinen.

Um linke Koalitionen ging es dann aber doch bei diesem Delegiertentreffen. Denn eines ist klar: Wenn im Herbst 2009 im Saarland eine neue Landesregierung gewählt wird, dann geht es darum, ob der konservative Peter Müller die CDU-Mehrheit der letzten neun Jahre noch einmal retten kann – oder ob er sie abgeben muss. Die oder wir; Letzteres gelingt nur, wenn Linke und Sozialdemokraten in Saarbrücken eine gemeinsame Regierung bilden.

Oskar Lafontaine, das hat der Ex-Regierungschef im Saarland in Neunkirchen ganz deutlich herausgestellt, will dieses Bündnis von Linken und SPD in seinem Heimatland. Während seiner ganzen fast einstündigen Bewerbungsrede als Linken-Spitzenkandidat sprach er vom „Wir“: „Wir haben bis 1999 die bessere Politik im Saarland gemacht.“ „Wir werden der neoliberalen Politik ein Ende setzen.“ Wer einen Augenblick die Augen schloss im großen Bürgersaal von Neunkirchen, dem konnte der Gedanke kommen, dieser Lafontaine habe die SPD niemals verlassen und hier findet nicht ein Parteitag der Linken, sondern ein Treffen der saarländischen Sozialdemokratie statt.

Ein kleines bisschen ist es ja auch so: Fast 80 Prozent der 160 Delegierten gehörten früher der hiesigen SPD an. Und als der stellvertretende Landes-SPD- Chef Eugen Roth das Grußwort an den Linken-Parteitag ergriff, schien er sich vor allem an die eigene Partei zu richten: „Die Linkspartei ist eine demokratische Partei, mit der man zusammenarbeiten muss.“ Später, am Rande, ging Roth, der hiesige DGB-Vorsitzende, dann sogar noch weiter: Als SPD-Vizechef im Saarland würde er das Versprechen des Landesvorsitzenden Heiko Maas, die SPD werde einen Ministerpräsidenten Lafontaine niemals wählen, nicht abgeben. Was wäre die Alternative? Eine große Koalition unter CDU-Regierungschef Müller? „Das“, sagt Roth, „würde in der SPD keiner verstehen“. Lafontaine hat dieses Dilemma seiner Ex-Genossen erkannt. Keines kritischen Wortes würdigte er die Saar-SPD, so als lüde er sie ein, seinen Kampf gegen den Abbau von Sozialstaat und Gerechtigkeit zu unterstützen. Jetzt, wo er ihn an der Spitze der Linken führt. Nur das: „Hintergrundgespräche“ mit der CDU, Kungelei mit Peter Müller, werde er nicht dulden, drohte er. „Was ich anbiete, ist eine Koalition auf Augenhöhe – Wer mehr Stimmen hat, stellt den Regierungschef.“

Stark fühlt sich dieser Oskar Lafontaine, sehr stark. Fast 19 Prozent der Saarländer wählten 2005 zur Bundestagswahl die Linken. 20, 25, ja 27 Prozent: An solchen Hochrechnungen berauscht sich die Partei jetzt für die Landtagswahl 2009. „Wir haben die Chance“, ruft Lafontaine in den Saal, „die linke Stimme von der Saar gegen den Sozialabbau in ganz Deutschland zu werden“. Um dann auch ganz persönlich zu versprechen: „Ich will für das Amt des Ministerpräsidenten an der Saar kandidieren. Und ich mache keine Show.“

Im Wahlprogramm der Linken liest man eine Mischung bundes- und landespolitischer Themen. Neben Steuererhöhungen für Reiche steht da die Abschaffung des zwölfjährigen Abiturs, die Abschaffung von Hartz IV und die Beschränkung von Privatisierungen öffentlicher Aufgaben. Lafontaine: „Schluss mit dem Staatsabbau!“„Die Reformen der letzten Jahre“ nennt er „einen einzigen Schwindel, einen Betrug“, der die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht habe. Und wer ist daran schuld? Die CDU und „das Müllerchen“, wie Lafontaine den Ministerpräsidenten nennt. „Nichts“ habe der „Winkeladvokat“ für die Saarländer getan. Im Wahlkampf will er den politischen Gegner insbesondere mit seiner Energiepolitik treiben. Ein aussichtsreicher Kampf könnte das für die Linkspartei werden, die als einzige politische Kraft im Saarland erkannt hat, welches negative Signal der für 2012 festgeschriebene Ausstieg aus der Kohleförderung in der Bevölkerung gegeben hat. Und wenn es doch nicht klappt mit der Staatskanzlei? „Bundes- und Landespolitik gehören immer untrennbar zusammen“, sagt Lafontaine. Er hat ja auch Chancen auf ein Bundestagsmandat. Als Spitzenkandidat haben ihn 92,4 Prozent der Parteifreunde gewählt.

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