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Politik: „Die machen Jagd auf Weiße“

Nach einem französischen Militäreinsatz eskaliert in der Elfenbeinküste die Gewalt gegen Ausländer

Sie sollten den Puffer zwischen Rebellen und Regierungstruppen bilden. Doch nun wurden die 4000 französischen und 6000 UN-Soldaten anderer Nationen in der Elfenbeinküste selbst zum Ziel. Zwei Tage nach dem Zusammenbruch des Waffenstillstands in dem afrikanischen Land waren am Samstag bei einem Luftangriff der Regierungstruppen neun französische Soldaten und ein US-Bürger ums Leben gekommen. Als Reaktion zerstörten die Franzosen die gegnerische Luftwaffe, was Ausschreitungen der Bevölkerung nach sich zog.

In Abidjan, der Wirtschaftsmetropole des Landes, wurden vier französische Schulen und mehr als 40 Häuser von Franzosen geplündert und verwüstet. Die Rektorin des Lycée Marmoz konnte nur durch einen Hubschraubereinsatz vor 200 Demonstranten in Sicherheit gebracht werden. Insgesamt musste die französische Armee 90 Ausländer aus bedrohlichen Situationen befreien. Die 16 000 Franzosen in der Elfenbeinküste fürchten weitere Attacken. Frankreichs Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie schloss eine Rettungsaktion zwar zunächst aus, entsandte aber mehr als 600 zusätzliche Soldaten. „Die machen hier Jagd auf Weiße, es ist der Horror, wir haben Angst“, vertraute ein Franzose dem Sender RMC an. 150 Europäer flüchteten in eine französische Kaserne.

Seit Monaten herrscht eine anti-französische Stimmung in Abidjan, wo ein mächtiger Jugendverband des Präsidenten Laurent Gbagbo, die „Jungen Patrioten“, der alten Kolonialmacht Frankreich Sympathien für die Rebellen des Nordens vorwirft. Seit einer Militärrevolte 2002 ist die Elfenbeinküste praktisch in eine christliche Süd- und eine muslimische Nordzone geteilt. Bei einem Luftangriff der Regierungstruppen auf Rebellen am Samstag war offenbar versehentlich ein Militärposten der französischen Friedensmission Licorne getroffen worden.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac aber ordnete prompt eine Zerstörung der kleinen ivorischen Luftwaffe an – zwei Jagdbomber und sechs Militärhubschrauber. Obwohl die Regierung zur Ruhe aufgerufen hatte, kam es danach zu Scharmützeln zwischen der ivorischen Armee und französischen Soldaten um die Kontrolle des internationalen Flughafens von Abidjan, der inzwischen von französischem Militär gehalten wird. Mit Hubschraubern und Warnschüssen wehrte französisches Militär später einen Marsch von Tausenden jungen Leuten zur „Rückeroberung“ des Flughafens ab, zu der im Staatsfernsehen aufgefordert worden war. Der Weltsicherheitsrat stellte sich hinter das Vorgehen Frankreichs, ebenso wie die Afrikanische Union, die Südafrikas Präsidenten Thabo Mbeki zur Vermittlung in die Elfenbeinküste entsandte.

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