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Politik: Die Mörder warten vor dem Camp

Flüchtlingslager in Sudan sind von Milizen umzingelt / Ärzte ohne Grenzen sehen ihre Arbeit gefährdet

Berlin - Nun kann nur noch der Westen helfen. Die Krise in der sudanesischen Provinz Darfur hat sich trotz internationaler Appelle an die Regierung in Khartum, die arabischen Janjawid-Milizen zu entwaffnen, weiter verschärft. Die Milizen terrorisieren noch immer die schwarzafrikanische Bevölkerung der Region. Selbst Helfer, sonst strikt auf ihre Unabhängigkeit bedacht, sehen ohne Unterstützung von Soldaten keine Möglichkeit mehr, die Flüchtlinge in Darfur zu retten. Ulrike von Pilar, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, forderte vor wenigen Tagen Schutz für Flüchtlingscamps. Die Organisation berichtet, dass viele Camps von den Milizen umzingelt sind. Männer, die die Lager verlassen wollten, um Nahrung oder Feuerholz zu beschaffen, müssten damit rechnen ermordet zu werden, Frauen würden vergewaltigt und geschlagen. Mit der nun einsetzenden Regenzeit werde die Versorgung der Flüchtlinge weiter erschwert, in den Camps wachse die Seuchengefahr.

Der FDP–Politiker und frühere UN–Sonderberichterstatter für Sudan, Gerhart Baum, sieht auch Deutschland in der Pflicht, Soldaten und Hubschrauber nach Sudan zu entsenden. „Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir eine eigene Beteiligung nicht ausschließen“, sagte er dem Tagesspiegel. Zur Lösung der politischen Krise schlägt der frühere deutsche Innenminister einen runden Tisch aller Bevölkerungsgruppen in Darfur vor, denn „nur die Menschen, die dort leben, können den Konflikt wirklich lösen“.

Mehr als eine Million Bewohner Darfurs sind vor arabischen Reitermilizen geflohen, die systematisch Dörfer angreifen und verwüsten. Mehr als 10 000 Menschen sind nach UN-Angaben getötet worden. Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen zwischen schwarzafrikanischen Rebellen und den arabischen Janjawid-Milizen. Die Regierung in Khartum soll die Milizen unterstützen. Sudans Präsident Omar al Baschir versprach mehrfach, zuletzt beim Besuch von UN-Generalsekretär Kofi Annan vor einer Woche, die Milizen zu entwaffnen. Geschehen sei jedoch nichts, erklärt Baum. „Wie lange wollen wir uns mit allgemeinen Forderungen aufhalten, die seit Monaten nicht erfüllt werden?“, fragt er.

Der Westen konnte sich indes noch nicht auf konkrete Schritte verständigen. Der UN-Sicherheitsrat ringt um eine Resolution, die EU–Außenminister wollen am Montag nur einen weiteren Appell an Sudans Regierung „und andere Konfliktparteien“ richten, die Krise zu lösen. Sanktionen werden in dem Entwurf de r EU-Erklärung, die dem Tagesspiegel vorliegt, nicht angedroht. Sollte nichts geschehen, „wird die EU in naher Zukunft entscheiden, ob weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden“, heißt es lediglich.

Am heutigen Sonntag wird Außenminister Joschka Fischer Gespräche in Khartum führen. Auch er will Druck auf die Regierung ausüben, grundsätzlich müsse das Problem aber „in den Händen von UN und Afrikanischer Union bleiben“, sagte er dem „Spiegel“. Gerhart Baum sieht das anders: „Die Afrikaner haben hier versagt, jetzt ist der Westen in der Pflicht.“ Die Afrikanische Union hat bisher rund 40 von insgesamt 120 zugesagten Beobachtern nach Sudan entsandt, zusätzlich wurden 300 Soldaten in Aussicht gestellt – zum Schutz der Beobachter.

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