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Politik: Die neue Ministerriege sichert vor allem den Einfluss des Präsidentensohnes

Der erste Regierungswechsel in Syrien seit 13 Jahren kommt weder für die arabische Welt noch für Israel unerwartet. Die neue Regierung ist vom Sohn des syrischen Präsidenten Hafez el Assad, Bashar, handverlesen worden und dürfte auch einem Frieden mit Israel zustimmen.

Der erste Regierungswechsel in Syrien seit 13 Jahren kommt weder für die arabische Welt noch für Israel unerwartet. Die neue Regierung ist vom Sohn des syrischen Präsidenten Hafez el Assad, Bashar, handverlesen worden und dürfte auch einem Frieden mit Israel zustimmen.

Der bisherige syrische Ministerpräsident Mahmoud Zuabi saß schon seit längerem auf einem Schleudersitz, denn Präsident Assad hatte vor seiner eigenen vierten Wiederwahl zum Staatsoberhaupt öffentlich Kritik an der Wirtschaftslage geübt. In der letzten Zeit hatten sich die Gerüchte verdichtet, dass der Regierungschef von Außenminister Faruk a-Shara abgelöst werden könnte, der das absolute Vertrauen Assads genießt und in den Verhandlungen mit Israel einen äußerst unnachgiebigen Kurs eingeschlagen hat. Als weiterer Kandidat war Vizepräsident Zuhir Masharka genannt worden.

Doch nun hat Assad - und dies ist die eigentliche Überraschung - den über die Landesgrenzen hinaus weitgehend unbekannten Provinzgouverneur von Aleppo, Mohammed Mustafa Mero, zum neuen Regierungschef ernannt. Ob Außenminister a-Shara, der mit seiner Person für den schwierigen Friedensprozess steht, im Amt bleibt, ist ungewiss, denn nur fünf Mitglieder der "alten Garde" sollen auch in der neuen Regierung der jungen Technokraten wieder einen Platz finden. Laut in Israel eintreffenden Informationen könnte es durchaus sein, dass Außenminister a-Shara den Amtstitel wechselt. Doch steht praktisch fest, dass er auch in Zukunft die Friedensverhandlungen führen wird.

Dass auch die neue Regierung in Damaskus auf die Friedensgespräche verpflichtet ist, entnehmen Experten wie Professor Mosche Maoz von der Hebräischen Universität einem Satz, den der als Nachfolger seines Vaters vorgesehene Bashar Assad in einem am Tage des Regierungswechsels veröffentlichten Interview mit der in London erscheinenden arabischsprachigen Zeitung "Al-Hayat" kundtat: "Wir benötigen heute, mehr denn jemals zuvor, in allen Lebensbereichen einen Wechsel, auch in den Außenbeziehungen Syriens." Dies könne nur bedeuten, so die Experten, dass sich die neuen Minister einem Frieden mit Israel nicht wiedersetzen werden. Dies sei nicht zuletzt deshalb der Fall, weil die neuen Minister sich durch einen Frieden mit Israel eine Öffnung der syrischen Wirtschaft zum Westen hin und damit einen Ausweg aus der Wirtschaftsmisere erhoffen.

Der 35-jährige Bashar el Assad gab im Interview mit dem Biographen seines Vaters, dem britischen Journalisten Patrick Seale, offen zu verstehen, dass dies "seine" Regierung sein werde: "Ich habe eine Anzahl Kandidaten für Ministerämter empfohlen." Tatsächlich hat er junge Wirtschaftsspezialisten aus der Geschäfts- und der akademischen Welt rekrutiert und sich damit wohl endgültig als halboffizieller Nachfolger seines Vaters etabliert.

Die neuen Minister, die ihre Ämter erst in einigen Tagen, nach Zustimmung durch die Baath-Partei, antreten werden, haben auf Anweisung Bashar el Assads Pläne für eine eigentliche Umstellung der gesamten syrischen Wirtschaft ausgearbeitet: Tourismus-Entwicklung, Wohnungsbau, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Reform des Erziehungswesens, und nicht zuletzt die zunehmende Einführung von Computern und Internet-Anschlüssen in der Verwaltung und in staatlichen Betrieben. Außerdem arbeitet eine Expertengruppe an einem umfassenden Privatisierungsplan für die staatlichen Betriebe.

Schließlich bringt der neue Ministerpräsident Mero auch bessere Voraussetzungen für den Kampf gegen die Korruption mit: Obwohl er der amtsälteste Gouverneur ist, gilt er in Damaskus als Saubermann, der nicht in einen einzigen Korruptionsskandal verwickelt war. Außerdem gehört Mero nicht wie Assad zur Minderheit der Alawiten, sondern zur Bevölkerungsmehrheit der Moslems sunnitischen Glaubens. Der ausgebildete Lehrer hat weder in der einflussreichen Armee noch der obersten Parteiführung der regierenden Baath-Partei Karriere gemacht.

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