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Politik: Die Programme der Landesverbände "sprengen jeden finanzpolitischen Rahmen" - internes Papier geisselt utopische Vorstellungen

Kurz vor dem Wahlmarathon in Ostdeutschland hat die Berliner Parteizentrale der PDS ihren Landesverbänden die Leviten gelesen. Die Verbände seien sehr schlecht auf die Landtagswahlen vorbereitet, geht aus einer internen Analyse der Landeswahlprogramme hervor.

Von Matthias Meisner

Kurz vor dem Wahlmarathon in Ostdeutschland hat die Berliner Parteizentrale der PDS ihren Landesverbänden die Leviten gelesen. Die Verbände seien sehr schlecht auf die Landtagswahlen vorbereitet, geht aus einer internen Analyse der Landeswahlprogramme hervor. In dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, die Genossen in den Ländern hätten "sehr weitreichende Forderungen" aufgestellt, die "umgesetzt jeden finanzpolitischen Rahmen sprengen" würden. Sollte die Partei außer in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt "in die Verlegenheit einer Regierungsverantwortung oder Tolerierung geraten", werde sich dieses Herangehen als kontraproduktiv erweisen. Bei den formulierten Wahlzielen handele es sich zumeist um "Wunschprogramme".

Das Strategie-Papier zu den Wahlen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Berlin ist vom Bereich Strategie und Grundsatzfragen beim Parteivorstand unter maßgeblicher Verantwortung von PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch erstellt worden. Aus dem Kreis der Autoren heißt es, Zweck des Papiers sei nicht die Annäherung an die Ziele der SPD, "um nicht in den Programmen den Kompromiss vorwegzunehmen". Die PDS selbst aber müsse ein klareres Profil entwickeln. Die vorliegenden Programme seien oft deutlich zu lang oder an ein eng begrenztes intellektuelles Publikum adressiert. Überwiegend habe es die Partei "noch nicht genügend geschafft, uns in einer normalen, überzeugenden und für die Leute verständlichen Sprache mitzuteilen".

Die PDS müsse weg von Programmen unter dem Motto "Wünsch Dir was", fordern die Autoren. Sollte sie demnächst in einem weiteren Ost-Land mitregieren oder eine Minderheitsregierung tolerieren, müsse sie "nachweisen, dass ihre Vorstellungen finanzierbar sind." Unter Bezug auf die Erfahrungen in Schwerin und Magdeburg heißt es: "Lassen sich die Vorstellungen auch nicht im Ansatz verwirklichen, ist der Enttäuschungseffekt umso größer."

Mangelhaft sind aus Sicht der Bundes-PDS unter anderem die Konzepte zur Wirtschaftspolitik. Zu Fragen der Mittelstandsförderung, der Strukturpolitik und der Veränderungen der Förderrichtlinien Ost seien Ansätze formuliert, die aber bei weitem nicht ausreichten. Das zentrale Projekt der PDS, um Arbeitsplätze zu schaffen, der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor, werde zwar abgehandelt, jedoch zu allgemein oder lapidar. "Hier spiegelt sich erheblicher Diskussionsbedarf in der Gesamtpartei wider", heißt es dazu.

"Nimmt man die verschiedenen Politikfelder zusammen, dann gerät vieles in den Bereich der Utopie", schreiben die Autoren. Die PDS stelle sich als Partei dar, die "soziale Errungenschaften" erhalten und ausbauen wolle, nicht aber umbauen: "Dies ist ein Problem der Gesamtpartei." Bildungspolitisch dominierten Forderungen in Richtung Demokratisierung der Schule, die aktuelle Debatte über Bildungsinhalte und Leistungsmaßstäbe spiele keine Rolle. Auch die Flüchtlingspolitik werde zu knapp betrachtet: "Offenbar verbirgt sich dahinter auch das Problem, dass es Unterschiede zwischen Teilen des PDS-Aktivs und der Mehrheit der Mitglieder gibt." Im sächsischen Wahlprogramm etwa fänden sich gerade einmal zwei Sätze zur Unteilbarkeit der Menschenrechte, danach "werden dann nur die Sorben angesprochen". Sehr schnell könne die PDS in die Rolle einer "linkskonservativ-populistischen Partei" gedrängt werden, befürchten die Verfasser.

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