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Politik: „Die Reichtümer Kirgisistans besser verteilen“

Bischkeks neue Führung verspricht die Bekämpfung der Korruption – Experte fordert dafür deutsche Hilfe

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Berlin - Der neue Regierungschef verspricht den Kirgisen, was sie am meisten erhoffen. Kurmanbek Bakijew, Präsident für den Übergang, will die Bekämpfung der Korruption entschlossen angehen. Nach einem Treffen mit der neuen Führung des Landes sagte Bakijew in Bischkek, dies sei die „wichtigste Aufgabe“ der neuen Führung des Landes. Vor allem die Vergabe einflussreicher Funktionärsposten gegen Geld müsse unterbunden werden, sagte Bakijew – und spricht damit offen ein Thema an, das die Bewohner der früheren Sowjetrepublik seit Jahren ebenso bewegt wie ausländische Investoren, die sich in Zentralasien engagieren wollen. Nicht nur, dass die Jobs im Staatsdienst nur gegen Bezahlung von Ablösesummen wechseln: Wer einen Posten hat, kassiert, mindestens bisher, kräftig – Abgaben, Gebühren und Steuern wandern oft in die eigene Tasche.

Stephan Dömpke, Vorstandsmitglied des Vereins People and Nature, ist seit Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit mit Kirgisistan engagiert. Der Berliner Experte meint, dass sich der geflüchtete Staatschef Askar Akajew, seine Familie und seine Berater in den vergangenen Jahren „in ungeheurem Maße bereichert“ hätten. Akajew, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion angetreten, demokratischer regieren zu wollen als die Staatschefs der zentralasiatischen Nachbarländer, habe jeden Kredit verspielt. Einnahmen aus einer Goldmine im TienShan-Gebirge im Osten des Landes habe er auf Konten in der Schweiz verschoben, „der erste große Sündenfall“. Seine Frau habe eine humanitäre Stiftung und mehrere Nichtregierungsorganisationen zu „Geldwaschanlagen“ gemacht.

„Die Raffgier der Familie kennt keine Grenzen“, sagte Dömpke im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Spätestens 1998, als das Land im Verlauf der Rubel-Krise seinen Schuldenstand vervielfachte, sei Akajew zunehmend auf autoritären Kurs gegangen. Mehrere Familienmitglieder des Ex-Präsidenten seien an mafiösen Geschäften beteiligt, in die auch die Führung des Nachbarlandes Kasachstan verstrickt gewesen sei. Jetzt sieht Dömpke die Chance, dass die im Land erwirtschafteten Reichtümer besser verteilt werden. Jedoch müsse mit internationaler Hilfe die Rechtsstaatlichkeit fest verankert werden – Deutschland sei hier „sehr rasch und sehr stark gefordert“. Dass die Opposition, anders als es bei den Revolutionen in Georgien und der Ukraine der Fall war, sich noch nicht auf eine Führungsfigur geeinigt hat, könne von Vorteil sein. „Eine Opposition mit vielen Köpfen ist schwerer auszuschalten.“

Der Kirgisistan-Gesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Alojz Peterle, fordert ein stärkeres wirtschaftliches Engagement in Kirgisistan. „Die EU hat hier in der Vergangenheit zu wenig investiert“, sagte Peterle nach seiner Rückkehr aus Bischkek. Nach dem begonnenen demokratischen Aufbruch müsse nun die wirtschaftliche Hilfe ausgebaut werden, sagte Peterle dem Tagesspiegel. „Europa hat ein Interesse daran, dass sich Kirgisistan langfristig stabilisiert und die Region nicht zu einem neuen Krisenherd wird.“

Ob das Chaos nach dem Machtwechsel bald ein Ende hat, ist noch offen. Zwar hat sich das neu gewählte Parlament im Machtkampf durchgesetzt, denn neben dem alten Unterhaus hat auch der Senat seine Auflösung erklärt. Doch in dem neuen Ein-Kammer-Parlament dominieren die Anhänger Akajews. Der immerhin erklärte gegenüber einem russischen TV-Sender am Dienstagabend, er sei unter bestimmten Bedingungen zum Rücktritt bereit. Zuvor hatte er allerdings in einem Radio-Interview betont, er sehe „keinen Grund“ für einen Rücktritt.

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