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Politik: Die Republikaner: Faulenzer, Lügner, Brunnenvergifter

Der Kellner mit der schwarzen Weste und der nur wenig helleren Haut kassiert freundlich, aber verschüchtert die Getränke ab. Wenn gerade nichts zu tun ist, starrt er vor sich hin.

Der Kellner mit der schwarzen Weste und der nur wenig helleren Haut kassiert freundlich, aber verschüchtert die Getränke ab. Wenn gerade nichts zu tun ist, starrt er vor sich hin. Nein, sagt er, er höre nicht zu. Und lacht dabei. Es ist ein nervöses Lachen. Vorne am Rednerpult räsoniert Christian Käs, der Chef der baden-württembergischen "Republikaner", über die "Afrikanisierung unserer Gesellschaft". Über die "Islamisierung", die ihn so sehr bedrückt, dass er dann doch ein wenig lauter werden muss: "Ich habe etwas dagegen, dass systematisch über die Wiege eine Umvolkungspolitik betrieben wird."

Beim Landesparteitag der Partei in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart, es ist der erste nach der verlorenen Landtagswahl vom 25. März (4,4 Prozent, 1996: 9,1 Prozent), werden solche Sätze immer dann gesagt, wenn ein Redner meint, etwas gemeinsamer Beifall und ein paar beseelte Juchzer könnten nicht schaden. Denn die Südwest-Rechten liegen mieinander im Streit. Sie waten in einem Sumpf von persönlichen Angriffen, Abrechnungen und Unterstellungen.

Es gibt Dutzende von Kandidaten für Parteiämter, und jeder wird von seinen jeweiligen Gegnern auf das Peinlichste verhört. Es geht nicht ansatzweise um Politik. Es geht um die Frage, wer "die Hand aufgehalten hat", wer wie viel Aufwandsentschädigung kassierte, wer wen weshalb verleumdete. Im innerparteilichen Machtkampf überziehen sich die extremen Rechten um Käs sowie die Getreuen des als zu moderat kritisierten Bundesvorsitzenden Rolf Schlierer gegenseitig mit Vorwürfen der Veruntreuung von Parteigeld, der Faulheit, der Lüge, des "Brunnenvergiftens" und dergleichen. "Das war der Schlusspunkt", stöhnt ein Parteimitglied vor der Parteitags-Halle. "Besser als die Harald-Schmidt-Show", sagt ein Junger. Ein Dritter murmelt etwas von Scham. Und in der Halle mahnt der Versammlungsleiter: "Gehen wird doch wie zivilisierte Mitteleuropäer miteinander um."

Schlierer dementiert vergeblich, dass es in der Partei "eine Machtfrage gibt". Dabei schickt er selbst einen Kandidaten gegen Käs ins Rennen, den Ellwanger Bundeswehr-Hauptmann Herbert Bastl. Bastl hat sich gerade vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgreich gegen das Ansinnen des Bundesverteidigungsministeriums zur Wehr gesetzt, ihn wegen seiner Zugehörigkeit zur Rechtsaußenpartei aus dem Dienst zu entfernen. Käs wiederum jammert über ein "Klima des Misstrauens".

Der Landesvorsitzende steht unter Druck: Ihm wird Untätigkeit im Wahlkampf vorgeworfen. Immerhin flogen die "Republikaner" nach zwei Legislaturperioden aus dem Landtag. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Uschi Winkelsett fordert von Käs die Rückzahlung von 280 000 Mark an die Bundespartei. Die Rede ist auch von "rund 20 Schecks", von denen niemand wisse, wer sie unterschrieben habe und welchen Zwecken sie dienten. Der aus der Partei ausgetretene Landesschatzmeister hat sich rückwirkend für elf Jahre fast 17 000 Mark für die Lagerung von Parteimaterial genehmigt.

Käs kontert über den rechten Flügel: Seine Unterschrift steht auf einem Antrag, der den Ruhstorfer Abgrenzungsbeschluss von 1990 gegen Parteien wie NPD oder DVU aushebeln würde. Doch die Debatte um das Papier wird nach der Schlammschlacht diskret vertagt. Käs sagt auch: "Wir müssen unseren Wählern Protest-Themen anbieten." Nach all den Wahlniederlagen will er "zurück zu den Ursprüngen": Ausländer, Islam, Moscheen. Für "liberale Windelgesänge" sei er nicht zu haben. Die von Schlierer vorangetriebene programmatische Verbreiterung der Partei lehnt er ab.

Käs, der 40-jährige Rechtsanwalt aus Stuttgart, wird für weitere zwei Jahre zum Landes-Chef gewählt. Er erhält 93 von 146 abgegebenen gültigen Stimmen. Für den Gegenkandidaten Bastl votierten 51 Delegierte.

"Sind Neger und Türken für Sie eigentlich Menschen?", will der Ex-Abgeordnete Alfred Dagenbach am Saalmikrofon von einem Parteikollegen wissen. Der antwortet: Naja, also zum Beispiel "mit einem schwarzen Sänger habe ich kein Problem". An diesem Tag auch nicht mit einem freundlichen, etwas verängstigten, schwarzen Kellner, der Getränke abkassiert.

Reiner Ruf

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