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Für sie ist es ihr Freiheitskampf. Prorussische Demonstranten hielten auch am Donnerstag das Gebäude der Regionalverwaltung in Donezk besetzt.

© AFP

Konflikt in der Ost-Ukraine: Die Separatisten sind zu allem entschlossen

Die Separatisten in der Ostukraine wollen nicht aufgeben. Die Lage droht zu eskalieren. Der Europarat hat Russland derweil das Stimmrecht entzogen - und droht mit weiteren Konsequenzen.

Die Stimmung der rund 700 Menschen, die am Ende des Puschkin-Boulevards vor dem besetzten Gebäude der Donezker Regionalverwaltung stehen, ist aggressiv. 48 Stunden haben die Besetzer Zeit bekommen, um das Gebäude friedlich zu räumen. Am Freitagmorgen läuft das Ultimatum ab. Die Übergangsregierung in Kiew hat allen Protestlern Straffreiheit zugesagt, wenn sie freiwillig abziehen.

„Jetzt werden sie versuchen, uns mit Gewalt von hier zu verjagen“, sagt die 42-Jährige Tatjana, sie ist für einen Anschluss Donezks an Russland. Sie werde am 25. Mai nicht zu den Präsidentschaftswahlen gehen. „Ich will das Referendum am 11. Mai“, ruft sie. Tatjana ist genauso nervös wie die meisten anderen Menschen, die vor dem Gebäude stehen. Gerüchte machen die Runde: Einige wollen gehört haben, die Kiewer Regierung werde am Nachmittag Soldaten schicken, andere sprechen von einem Angriff am Abend. Ein paar ältere Frauen haben am Nachmittag angefangen, religiöse Lieder zu singen, und haben Christusbilder an die Barrikaden geheftet.

Unterdessen sind in der Region Donezk vermehrt Militärfahrzeuge zu sehen, ob sie aber auf den Weg in die Stadt sind, ist unklar.

Das Internetportal Nowosti Donbass berichtet, ein Rekrutierungsbüro der ukrainischen Armee sei von Unbekannten angegriffen worden. Auch Soldaten, die den Flughafen der ostukrainischen Stadt Kirowograd bewachen, sollen von Separatisten attackiert worden sein.

Kiew setzt weiter auf Verhandlungen - Lage könnte trotzdem eskalieren

In den sozialen Netzwerken und auf Plakaten vor der Regionalverwaltung wird indes ein neuer Plan propagiert: „Rinat, als Nächstes kommt die Donbass-Arena dran“, steht auf einem Schild an den Barrikaden. Diese Drohung richtet sich an den reichsten Mann des Landes, den Multimilliardär Rinat Achmetow. Die Donbass-Arena ist eines der modernsten Fußballstadien Europas und liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft zum seit Sonntag besetzten Regierungsgebäude. Achmetow fungiert als Vermittler zwischen den Besetzern und der ukrainischen Regierung.

Doch die Lage könnte auch so eskalieren. In Kiew setzt man zwar weiter auf Verhandlungen. Doch die Gegenseite ist offenbar nicht bereit, auf die Forderungen einzugehen. Bedingung der Besetzer ist, dass es ein Referendum geben muss. In Donezk heißt es, Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk wolle am Freitag die Region besuchen, offiziell bestätigt wurde dies jedoch nicht.

Nach Einschätzung der Nato halten sich etwa 40 000 russische Soldaten in der Nähe der Grenze zur früheren Sowjetrepublik auf. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen machte einen Abzug der Truppen zur Bedingung für Gespräche mit Russland. Das russische Außenministerium warf der Nato dagegen vor, sich den Konflikt als Beweis für die eigene Existenzberechtigung zunutze zu machen.

Der Europarat entzog Russland das Stimmrecht

Über die Ukraine-Krise berieten im Laufe des Donnerstags auch die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G 7) im Vorfeld der IWF-Frühjahrstagung in Washington. Kommende Woche ist EU-Diplomaten zufolge ein Treffen der Außenminister der USA, der Ukraine und Russlands in Genf geplant. An dem Treffen nimmt auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton teil. Am kommenden Montag beraten in Luxemburg Vertreter der EU.

Der Westen hat Russland mit einer Verschärfung der Sanktionen gedroht, falls das Land in der Ostukraine militärisch interveniert. Die parlamentarische Versammlung des Europarats entzog derweil den russischen Abgeordneten wegen der Ukraine-Krise vorläufig das Stimmrecht. Die Versammlung verschärfte diese Strafe am Donnerstag in Straßburg mit einem Ausschluss aus Führungsgremien der Versammlung und Beobachtermissionen des Europarats. Verknüpft wurde damit auch eine Drohung: Wenn Russland die Annexion der Krim nicht rückgängig mache, dann könnten die Russen auch ganz ausgeschlossen werden, hieß es in der mit großer Mehrheit angenommenen Resolution.

Putin droht der Ukraine mit einem Stopp der Gaslieferungen

Die Sanktion gilt bis Ende des Jahres. Die russischen Abgeordneten können sich an den Debatten beteiligen, dürfen jedoch nicht abstimmen. Eine weitergehende Forderung, die 18 russischen Abgeordneten schon jetzt komplett auszuschließen, wurde zurückgewiesen. Die russische Delegation reagierte verärgert und verließ aus Protest den Sitzungssaal.

Putin kritisierte die Untätigkeit der EU. „Was ist mit unseren europäischen Partnern? Anstatt der Ukraine wirkliche Hilfe anzubieten, reden sie über eine Absichtserklärung“, hieß es in dem fünfseitigen Schreiben. Russland hingegen habe das Nachbarland in den vergangenen vier Jahren mit 35,4 Milliarden US-Dollar (heute 25,5 Milliarden Euro) unterstützt. „Niemand außer Russland hat geholfen“, betonte Putin.

Putin hat der Ukraine außerdem mit einem Stopp der Gaslieferungen gedroht, sollte das Land seine Schulden nicht begleichen. Der russische Gazprom-Konzern könne gezwungen sein, künftig auf eine Vorauszahlung zu bestehen, hieß es in einem Donnerstag vom Kreml veröffentlichten Brief an 18 Staatsführungen in West- und Osteuropa. Sollte die Ukraine ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, würden die Gaslieferungen „vollständig oder teilweise“ gestoppt. (mit rtr/dpa)

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