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Politik: Die SPD hadert mit den Details der Bürgerversicherung

Arbeitsgruppe beschließt ein Modell, einigt sich aber nicht in Kernfragen / Parteivorstand berät am Wochenende

Berlin Die SPD-Arbeitsgruppe zur Reform des Gesundheitssystems durch eine Bürgerversicherung hat ihre Arbeit beendet, ohne für die Sitzung des Parteivorstandes am Wochenende ein einheitliches Konzept vorzulegen. Die Kommission unter Leitung Andrea Nahles beschloss am Donnerstag zwar einstimmig ein Modell für eine Bürgerversicherung, überließ der SPD-Spitze aber die Entscheidung über die Kernfrage, wie Kapitaleinkünfte zur Finanzierung des Gesundheitssystems herangezogen werden sollen. Einerseits wurde eine Steuererhöhung für Kapitalerträge, andererseits die Erhebung von Kassenbeiträgen auf solche Einkünfte vorgeschlagen. Kommissionsmitglied und Regierungsberater Karl Lauterbach sagte dem Tagesspiegel, die Kommission habe „eine gute Basis für ein Konzept erarbeitet“. Dieses müsse jetzt „in aller Ruhe von der SPD konkretiesiert werden“. Obwohl die Ergebnisse erst am Sonntag veröffentlicht werden sollen, stehen die Grundzüge fest:

Die Versicherten: Nicht nur Arbeiter und Angestellte sollen in eine Bürgerversicherung einzahlen, die die bisherigen Krankenkassen ablöst. Auch Selbstständige, Freiberufler, Beamte und Bezieher hoher Einkommen, die privat versichert sind, sollen einbezogen werden.

Die Einkunftsarten: Eigentlich sollten bei der Berechnung der Beiträge alle Einkunftsarten einbezogen werden. Die SPD-Arbeitsgruppe ist aber von der Idee abgekommen, Mieteinnahmen und Einkünfte aus Immobilien einzurechnen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt begründete das damit, dass die meisten Vermieter Verluste auswiesen, also kaum höhere Einnahmen zu erwarten seien. Allerdings sollen auf Zinseinkünfte und Dividenden Beiträge erhoben werden. Umstritten blieb in der Kommission, ob die Kassen diese Beiträge einziehen sollen, was eine ganz neue Bürokratie erfordern würde, oder ob ein Zuschlag zur Kapitalertragssteuer erhoben werden soll. Schmidt sprach sich für eine Steuererhöhung aus. Eine höhere Besteuerung von Kapitalerträgen sei für Finanzierung des Gesundheitssystems denkbar. Kritiker befürchten eine erhöhte Kapitalflucht. Der Gesundheitsexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Gerd Wagner, unterstützt dagegen eine solche Lösung. Er plädiert aber dafür, das bestehende einkommensabhängige Beitragssystem durch ein Pauschalprämiensystem, wie es die CDU vorschlägt, zu ersetzen. Aus dem Steuersystem könnte der soziale Ausgleichsbetrag hinzufließen. „Es ist an der Zeit“, sagte er dem Tagesspiegel, „dass die beiden großen Volksparteien eine Symbiose ihrer Systeme diskutieren“.

Private Krankenversicherung: Die SPD verlangt eine Wahlfreiheit für die Versicherten. Das heißt: Die Privatkassen müssten einen Bürgerversicherungstarif anbieten, der für neue Versicherte verpflichtend sein soll. Bisherige Privatversicherte sollen die Wahl bekommen umzusteigen oder ihren bisherigen Status zu behalten. Die Privatkassen drohen mit einer Verfassungsklage, wenn sie verpflichtet werden, jeden zu versichern. Auch Beamten soll der Bürgerversicherungstarif offen stehen. Diskutiert wird ein Zuschuss zu ihren Beiträgen. asi/deh

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