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Politik: "Die SPD hat uns vorgemacht, wie es funktioniert"

Wolfgang Schäuble (59) ist Präsidiumsmitglied der CDU. Von seinen Spitzenämtern als CDU-Chef und Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war er 2000 im Zusammenhang mit der Spendenaffäre seiner Partei zurückgetreten.

Wolfgang Schäuble (59) ist Präsidiumsmitglied der CDU. Von seinen Spitzenämtern als CDU-Chef und Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war er 2000 im Zusammenhang mit der Spendenaffäre seiner Partei zurückgetreten.

Beneiden Sie Angela Merkel um ihre gegenwärtige Position?

Die Führung der CDU ist für jeden Politiker eine schöne Aufgabe ...

gerade in diesen Tagen ...

aber sie ist auch eine schwere Last, weil Angela Merkel die Parteiführung der CDU in Zeiten einer tiefen Krise übernommen hatte. Eine schöne, aber ungemein schwierige Aufgabe.

Man muss aber auch führen können. Kann Angela Merkel führen?

Ja.

Woran machen Sie das fest?

Sie hat die Union nach einer schweren Erschütterung dazu gebracht, einen Kurs der Mitte zu halten. Wir haben gute inhaltlich-programmatische Arbeit geleistet, und in den Meinungsumfragen waren wir bis zum 11. September gleichauf mit der SPD. Das alles sind beachtliche Erfolge, wenn man bedenkt, wo wir herkommen. Alle Untergangsszenarien, die über die Union geschrieben wurden, sind widerlegt.

Beispielsweise bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin.

Ich glaube, dass das Ergebnis dieser Wahlen seine spezifischen Besonderheiten hat, die man beim besten Willen nicht der Bundespartei anlasten kann.

Wenn die Führungsleistung von Angela Merkel so beeindruckend ist, wie von Ihnen geschildert, dann wäre sie doch eigentlich die am besten geeignete Kanzlerkandidatin.

Ich halte überhaupt nichts davon, dass immer wieder von außen, teilweise aber auch aus den eigenen Reihen, versucht wird, uns zur Unzeit Personaldebatten aufzuzwingen. Ich war es seinerzeit, der mit dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber nach der Bundestagswahl 1998 die Verabredung getroffen hat, erst Anfang 2002 die Personalentscheidung für die nächste Bundestagswahl zu treffen. Maßgeblich dafür waren nicht taktische Gründe, sondern mir war daran gelegen - und das halte ich immer noch für richtig -, dass die Union den Oppositionsauftrag ernst- und wahrnimmt. Dass sie das Wahlergebnis annimmt. Würden wir immer nur über die nächsten Wahlen reden, und eine frühzeitige Festlegung auf den Kanzlerkandidaten führte im Ergebnis ja zu nichts anderem, dann müsste zwangsläufig der Eindruck entstehen, uns ginge es immer nur um Posten und Ämter. Wir würden einen schweren Fehler begehen, wenn wir uns jetzt eine Personaldebatte aufdrängen ließen, anstatt uns mit Sachfragen zu beschäftigen und die inhaltliche Erneuerung der Union voranzutreiben. Im Übrigen hat uns die SPD 1998 mit ihrer kurzfristigen Festlegung auf deren Kandidaten vorgemacht, wie es funktioniert.

Nun sind es nicht nur die bösen Medien, sondern beispielsweise auch der einflussreiche Vorsitzende der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Norbert Lammert, die für ein Vorziehen der Kanzlerkandidaten-Entscheidung plädieren. Ist Lammert ein Esel?

Nein, Norbert Lammert ist ein Kollege, den ich sehr schätze. Aber hier sind wir nicht einer Meinung.

Ist der Zeitplan also doch ein Dogma, was Erwin Teufel gerade bestreitet?

Kein Dogma, sondern ein Gebot der Klugheit, an dem wir unbedingt festhalten sollten, und das wir auch nicht scheibchenweise aufgeben dürfen.

Da halten Sie es also eher mit Ruprecht Polenz, der genau vor einem Jahr als CDU-Generalsekretär abgelöst wurde?

Er ist ein kluger Mann, und er hat Recht.

Die Strategie, Sachfragen in den Vordergrund zu rücken, ist nicht richtig aufgegangen: Die Menschen interessieren sich eben noch mehr für die personelle Verkörperung des Programms. Und solange die Union die Kanzlerkandidatur nicht entscheidet, dringt sie mit ihren Sachthemen nicht durch.

Da fallen mir einige Gegenbeispiele ein: Niemand kann bestreiten, dass die Union als einzige politische Kraft zum Thema Zuwanderung und Integration ein Gesamtkonzept vorgelegt hat, das nicht nur inhaltlich hervorragend ist, sondern auch als sachlicher Beitrag der Union weit über die Parteigrenzen wahrgenommen wird. Zudem: In allen Meinungsumfragen liegt die Union bei der Zuerkennung von Kompetenz in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik klar vor den Sozialdemokraten.

Weshalb hat der Bundeskanzler dann gegenwärtig Vertrauenswerte wie nie zuvor und keiner seiner Vorgänger?

Das liegt natürlich am 11. September und seinen Folgen, wo sich zwangsläufig der Blick auf die Regierung und den Kanzler richtet, zumal dieser da bisher keine großen Fehler gemacht hat. Aber selbst bei diesem Themenkreis - innere und äußere Sicherheit - der immer wichtiger wird, ist die Kompetenz der Union in der Meinung der Öffentlichkeit höher als bei der SPD ...

und wird, was das Führungspersonal betrifft, eher mit Stoiber als mit Merkel in Verbindung gebracht.

Die Kompetenz der Union als Ganzes wird hier anerkannt. Im Übrigen führen wir noch immer keine Personaldebatte, auch nicht durch die Hintertür.

Um beim Thema Innere Sicherheit zu bleiben: Teilen Sie die von Hildegard Müller, Bundesvorsitzende der Jungen Union und gewählte CDU-Präside, am Montag im Bundesvorstand geäußerte Sorge, dass die Schill-Partei bei den anstehenden Wahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die Union überflügeln könnte?

Nein, diese Sorge quält mich nicht. Aber richtig ist, dass wir darauf achten müssen, dass die Integrationskraft der großen Volkspartei der Mitte erhalten bleiben muss. Denn dies ist auch eine Voraussetzung dafür, dass wir weiter potenziell mehrheitsfähig sind. Selbst wenn das Wahlergebnis von Hamburg stadtspezifische Ursachen hat, muss es uns Anlass sein, wieder mehr darauf zu achten, integrations- und damit mehrheitsfähig zu sein.

Aber hat Hamburg nicht doch auch gezeigt, dass eine klare Parole und ein starker Typ an der Spitze Erfolg bringen?

Mit Verlaub: Die Botschaft von Schill war, dass Hamburg so sicher wie Stuttgart werden soll. Dagegen habe ich als Bruder des von der CDU gestellten Innenministers in Stuttgart nichts einzuwenden.

Beneiden Sie Angela Merkel um ihre gegenwärti

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