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Seit seiner Festnahme 1999 kämpfen die Kurden für die Freilassung von Abdullah Öcalan.

© Umit Bektas/REUTERS

Die Türkei und die Todesstrafe: PKK-Chef Öcalan droht der Galgen

Die Türkei will die Todesstrafe wieder einführen, damit droht auch dem inhaftierten Kurdenchef Öcalan die Hinrichtung. Der Konflikt könnte dadurch weiter eskalieren.

Europa zuliebe verzichtete die Türkei vor 16 Jahren auf die Hinrichtung des kurdischen Rebellenchefs Abdullah Öcalan. Inzwischen interessiert Europa niemanden mehr in der Türkei, und Präsident Recep Tayyip Erdogan ködert mit der Wiedereinführung der Todesstrafe die Nationalistenpartei. Damit kommt auch die Hinrichtung von Öcalan wieder auf die Tagesordnung – der ultimative Funke für die hochexplosive Lage im Kurdengebiet.

Dass er nach seiner Festnahme 1999 nicht aufgehängt wurde, hat Öcalan ausgerechnet zwei Männern zu verdanken, die ihn nun doch noch an den Strang bringen könnten. Gemeinsam wollen Erdogan und der türkische Nationalistenchef Devlet Bahceli im Frühjahr die 2003 abgeschaffte Todesstrafe wieder einführen. Mit Rücksicht auf den EU-Beitrittsprozess hatte Bahceli im Januar 2000 als Mitglied der damaligen Regierung zähneknirschend zugestimmt, die Vollstreckung der Todesstrafe an Öcalan auszusetzen. Erdogan war es, der als Ministerpräsident 2003 die Abschaffung der Todesstrafe verabschieden ließ – wiederum ausdrücklich als Beitrag zum EU-Beitrittsprozess.

Von diesem Beitrittsstreben hat sich die Türkei seither weit entfernt. Erdogan sieht in der Todesstrafen-Debatte die Chance, die parlamentarische Demokratie der Türkei zum Präsidialsystem umzubauen, wie er es schon lange fordert: Werden Präsidialsystem und Todesstrafe verknüpft, dürften die Ja-Stimmen im türkischen Parlament reichen, um für das Frühjahr eine Volksabstimmung über beides anzusetzen.

In Ankara geht es bereits um die Formulierung der Verfassungsänderung. Putschversuch, Terrorismus und sexueller Missbrauch von Kindern sollten künftig mit dem Tode bestraft werden können, berichten regierungsnahe Zeitungen.

Die Möglichkeiten werden schon ausgelotet

Zwar betont Premier Binali Yildirim, dass eine rückwirkende Anwendung nicht möglich sein werde. Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Mustafa Sentop, sagte aber, dass es andere Möglichkeiten gebe, mit den neuen Bestimmungen auch den islamischen Prediger Fethullah Gülen und Öcalan an den Galgen zu bringen. Bahceli bestand bei einem Treffen mit Erdogan am Donnerstag laut Medienberichten ausdrücklich darauf, dass die Neuregelung eine Hinrichtung Öcalans ermöglichen müsse.

Gewiss ist, dass eine Hinrichtung von Öcalan den offenen Bürgerkrieg in Südostanatolien und in den Großstädten der Türkei bedeuten würde. Die gewählten Vertreter der Kurden in der Türkei sitzen hinter Gittern. Kurdische Medien sind abgeschaltet und verboten. Am Leben von Öcalan, mit dem der Staat jahrelang über eine friedliche Lösung verhandelt hat, hängen die letzten Hoffnungen der Kurden.

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