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Politik: Doch wann der Betrag tatsächlich an die Opfer ausgezahlt wird, ist noch offen

Im Prinzip Ja, Aber. So lässt sich der derzeitige Stand bei den Gesprächen über die Entschädigung von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern treffend zusammenfassen.

Im Prinzip Ja, Aber. So lässt sich der derzeitige Stand bei den Gesprächen über die Entschädigung von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern treffend zusammenfassen. Grundsätzlich hat man sich in der wichtigen Frage des Geldes verständigt. Mit rund zehn Milliarden Mark wird der geplante Stiftungsfonds ausgestattet sein. Fünf Milliarden kommen aus der Bundeskasse und fünf Milliarden von deutschen Firmen. De facto wird der Staat allerdings rund 7,5 Milliarden Mark aufbringen müssen, weil die Firmen ihren Betrag steuerlich absetzen können. Auch die Frage der Rechtssicherheit für Unternehmen vor Sammelklagen in den USA ist offenbar zufriedenstellend geklärt worden. Doch von diesen Punkten abgesehen, sind noch viele Details zu lösen. Nur unter günstigsten Bedingungen können die Opfer - schätzungsweise eine Million Menschen - mit Zahlungen ab Mitte 2000 rechnen.

Nach Angaben des deutschen Unterhändlers, Otto Graf Lambsdorff, sollen die Sklavenarbeiter, die in Konzentrationslagern gefangen gehalten worden waren, den höchsten Satz bekommen. Vorausgesetzt, an der Gesamtsumme ändert sich nichts mehr, erhält diese Opfergruppe pro Person etwa 15 000 Mark. Zwangsarbeiter, die per definitionem unter weniger schweren Bedingungen leben mussten, können mit jeweils 5000 bis 6000 Mark rechnen.

So weit die Theorie. Wer wieviel in der Praxis bekommen wird, ist noch offen. Denn bevor Geld verteilt werden kann, muss ein die Einzelheiten regelndes Stiftungsgesetz vom Bundestag verabschiedet werden. Dies soll dem Vernehmen nach noch vor der parlamentarischen Sommerpause geschehen. Einen Entwurf hat das federführende Finanzministerium Ende November fertiggestellt. Voraussichtlich wird es allerdings beim ersten Entwurf bleiben. Denn einhellig sind die darin skizzierten Regelungen auf Ablehnung gestoßen. Sowohl Graf Lambsdorff als auch Opfer-Anwalt Michael Witti und der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, haben ernsthafte Bedenken und fordern, das NS-Stiftungsgesetz gründlich zu überarbeiten. Auf Kritik stößt vor allem die geplante Regelung, Ansprüche von Zwangsarbeitern zu kürzen, die etwa für das Leiden in einem Konzentrationslager schon einmal finanziell entschädigt wurden.

Moniert wird zudem der Passus "Ausschluss von Ansprüchen". Dort heißt es: "Jeder Berechtigte gibt im Antragsverfahren eine Erklärung ab, dass er mit Erhalt einer Leistung nach diesem Gesetz auf jede weitere Inanspruchnahme der öffentlichen Hand und der deutschen Unternehmen unwiderruflich verzichtet." Nach Ansicht der Opferverbände wird damit den Überlebenden des Holocaust generell das Recht genommen, Schadenersatz zu fordern. Auch Klagen gegen Firmen, die sich nicht am Fonds beteiligen, seien damit ausgeschlossen.

Als problematisch gelten auch die vorgesehenen Auszahlungsmodalitäten. Zunächst soll es nur eine Abschlagszahlung in Höhe von 30 Prozent der individuellen Leistungen geben. Der Großteil der Summe soll erst "nach Abschluss der Bearbeitung aller Anträge, wenn und soweit dies im Rahmen der verfügbaren Mittel möglich ist", erfolgen. Das klingt nach einer biologischen Lösung. Denn bliebe es bei dieser Regelung, würden viele Opfer aufgrund ihres hohen Alters kaum noch den ganzen Betrag erhalten.

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