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Politik: Doppelspitze – die Chance

Der deutsch-französische Vorschlag erhöht Fischers Aussichten bei EU

Wenn Europa-Parlamentarier in diesen Tagen über die Zukunft der EU sprechen, fällt meist auch der Name Joschka Fischer. Die europapolitischen Ambitionen des deutschen Außenministers haben sich in Straßburg herumgesprochen. Joschka Fischer als Kommissionspräsident? Das ist zwar für viele ein reizvoller Gedanke – gilt der Grüne doch als Befürworter eines starken Parlaments –, realistisch erschien dies bisher allerdings kaum jemandem: „Vor allem die konservativen EU-Regierungen hätten nach dem aus dem linken Parteienspektrum stammenden Romano Prodi sicher keinen Grünen auf diesem Posten akzeptiert“, argumentiert der Niederländer Jan Marinus Wiersma aus der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten.

Mit dem neuen deutsch-französischen Vorschlag zur Reform der EU sind Fischers Chancen auf einen Job in Brüssel nach Ansicht vieler Abgeordneter deutlich gestiegen. Denn nach diesem Modell gäbe es künftig zwei Präsidenten an der Spitze der EU: einen vom Parlament gewählten Kommissionspräsidenten und einen Präsidenten des Rates der Nationalstaaten. Als Ratspräsident wird schon jetzt der Spanier José Maria Aznar gehandelt, der seine nationale politische Laufbahn 2004 beenden will. Sollte Aznar oder ein anderer Konservativer den Rat führen, wären die Linken bei der Kommission wieder am Zug – und damit vielleicht auch Joschka Fischer, obwohl der sich selbst bisher gegen eine Doppelspitze ausgesprochen hat. Er wollte die beiden Posten vielmehr in einer Person vereinigt sehen. Widerstand gegen das deutsch-französische Modell kommt indes von den kleinen EU-Staaten, die sich gegen einen hauptamtlichen Ratspräsidenten wehren und das derzeitige Rotationsmodell beibehalten wollen.

Fischers Name wird in Straßburg aber auch in Zusammenhang mit einer anderen Position genannt: der des EU-Außenministers. Dieser soll die Aufgaben des Hohen Repräsentanten für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und des derzeitigen Außenkommissars übernehmen. „Als Kommissionspräsident sehe ich Fischer zwar nicht, es ist aber unbestritten, dass er mit seiner Europapolitik breite Anerkennung findet. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass sich die Regierungen der Mitgliedstaaten auf ihn als EU-Außenminister einigen könnten“, sagt etwa der Christdemokrat Elmar Brok.

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