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Politik: Doppeltes Ziel

Die USA sehen Bagdads Zustimmung zu Inspektionen mit Skepsis – und plädieren weiter für den Sturz Saddams

Berlin. Amerika glaubt Saddam kein Wort. Stattdessen ist die Supermacht überzeugt, dass es völkerrechtlich keinerlei neuer Legitimation eines Waffengangs bedürfte. Das ist die Doppelbotschaft, die ein führendes Mitglied der US-Regierung bei seinem aktuellen Berlin-Besuch im Gepäck hat.

Seit Wochen begründet die Bundesregierung ihre Ablehnung eines Irak-Krieges mit dem „Strategiewechsel“, der in Washington stattgefunden habe. Ursprünglich sei es den USA um die Rückkehr der Inspekteure gegangen, jetzt aber wolle man den Sturz Saddams, so hat es Kanzler Schröder mehrfach gesagt – und sich am Dienstag darüber gefreut, dass Präsident Bush wieder ein Stück „zum ursprünglichen Ziel“ zurückgekehrt sei. Die US-Regierung verwahrt sich dagegen, sich einen Strategiewechsel unterstellen zu lassen. „Wir haben seit langem eine zweigleisige Politik“, sagt John Bolton, Staatssekretär für Abrüstung und internationale Sicherheit im US–Außenministerium, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Der Irak muss alle UN-Resolutionen erfüllen. Da geht es nicht darum, ob wir die Inspekteure hereinbekommen oder nicht, sondern es geht darum, alle Fähigkeiten zur Produktion von Massenvernichtungswaffen zu zerstören. Es geht um Abrüstung, nicht Inspektionen.“

Als „Zwillingsziel“ sieht Bolton die US-Position, wonach „der einzige Weg, um Vertrauen in die Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit in der Region zu gewinnen, eine neue Regierung im Irak ist“.

Dies könne notfalls militärisch erzwungen werden. „Es ist die US-Sicht, dass es einer erneuten Autorisierung durch den Sicherheitsrat nicht bedarf.“ Saddam habe gegen die Waffenstillstandsresolution 687 aus dem Jahr 1991 verstoßen, „deshalb ist der Waffenstillstand selbst nichtig, und die originale Autorisierung von Gewalt nach Resolution 678 ist wieder in Kraft“. Um „die Ernsthaftigkeit der USA in ihrem Bemühen, dem Sicherheitsrat wieder Würde und Autorität zu geben, zu zeigen“, habe Präsident Bush nun dennoch den Weg über die UN gesucht. Bolton lässt deutlich erkennen: Dies ist eine politische Geste an die Welt, aber kein völkerrechtliches Erfordernis. Die Suche nach einem Verfahren, das sowohl europäischen als auch US-Vorstellungen entspreche, sei „von persönlicher Bedeutung“ für Bush.

Bolton sagt, man wisse „mit Sicherheit“, dass Saddam B- und C-Waffen besitze und „mit allem Nachdruck“ an Atomwaffenprogrammen arbeiten lasse. „Aber wir wissen auch, dass wir vieles nicht wissen. Und, offen gesagt, sind es diese Lücken, die uns wegen des steten Verheimlichens besonders mit Sorge erfüllen.“ Zur Risikoanalyse gehöre es daher auch, einzukalkulieren, dass die vom Irak ausgehende Gefahr größer sein könne als angenommen. An Saddams Angeboten zur Inspektion zweifelt Bolton. „Saddams gesamtes Verhalten belegt, dass er die Inspekteure ihre Mission nicht erfüllen lässt. Jetzt hatte er vier Jahre ohne Überwachung, in denen er seine Betrugsmanöver perfektionieren konnte.“

Eines will Bolton nicht tun: Wenige Tage vor der Wahl den Stand der deutsch-amerikanischen Beziehungen zu kommentieren. Nur so viel sagt er: Jedes Land müsse selbst entscheiden, welchen Beitrag es leiste, um einen Regimewechsel zu erreichen. Wenn der ohne Waffengewalt erreicht werden könne, seien die USA „perfectly happy“. Christoph von Marschall/Hans

Monath/ Robert von Rimscha

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