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Politik: Drei Punkte für Barroso

Das Europaparlament könnte der Kommission im zweiten Anlauf zustimmen

Straßburg/Berlin Laszlo Kovacs hatte am Dienstag in Straßburg Interesse daran, einen ausgeschlafenen Eindruck zu machen. Als der ehemalige ungarische Außenminister im vergangenen Monat in einer Anhörung des Europaparlaments seine Vorstellungen zur künftigen Energiepolitik der EU darlegte, fiel der Energiekommissar in spe bei dem Hearing glatt durch. Nun soll der Ungar weiter der EU-Kommission des Portugiesen José Manuel Barroso angehören, aber nicht mehr Energiekommissar werden. Barroso hat Kovacs das Ressort für Steuerfragen und Zollunion zugewiesen. Bei einer neuerlichen Anhörung vor dem Europaparlament räumte Kovacs am Dienstag freimütig ein, sich auf seine ursprüngliche Aufgabe als Energiekommissar nicht ausreichend vorbereitet zu haben – die Arbeit am ungarischen Regierungsprogramm habe ihn im Oktober Tag und Nacht beansprucht, erklärte der 65-Jährige.

Jetzt fand Kovacs aber immerhin neun Tage Zeit, sich mit der EU-Steuerproblematik vertraut zu machen. Er parierte Fragen der Abgeordneten zum Steuerwettbewerb unter den Mitgliedstaaten, nach den Hindernissen für kleinere und mittlere Unternehmen auf dem Binnenmarkt und nach unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen. Auf seine Vergangenheit als Mitglied von Ungarns Kommunisten angesprochen, antwortete er: „Vielleicht hätte ich einen Revoluzzer spielen können.“ Aber dann hätte er sich vor der Wende auch nicht für die Öffnung seines Landes nach Westen einsetzen können, fügte Kovacs hinzu.

Nicht berauschend, aber immerhin ehrlich – so kommentierten Europaabgeordnete anschließend die Anhörung des Ungarn. Damit steigen auch die Chancen, dass das Europaparlament am kommenden Donnerstag der neu zusammengestellten Barroso-Kommission im zweiten Anlauf die Zustimmung erteilt.

Überwiegend Lob erntete auch der designierte Justizkommissar Franco Frattini, der sich am Montag und Dienstag den Europaabgeordneten stellte. „Er hat sich hervorragend geschlagen – einfach brillant, ein Vollblutpolitiker“, schwärmte etwa die Sprecherin der Christdemokraten im Straßburger Innenausschuss, die Deutsche Ewa Klamt. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hatte den bisherigen Außenminister Frattini für Brüssel nominiert, nachdem sein ursprünglicher Kandidat für das Justizressort, Rocco Buttiglione, wegen seiner umstrittenen Auffassung zur Homosexualität bei den Europaabgeordneten auf Kritik gestoßen war. Am Donnerstag dürften wahrscheinlich nur die Grünen und das kleine Häufchen der alten Linken und Kommunisten gegen Frattini stimmen.

Ähnlich selbstbewusst, professionell und kompetent wie Frattini zeigte sich bei der Straßburger Anhörung der 47-jährige Lette Andris Piebalgs, der als Kommissar für die Energiepolitik zuständig werden soll. Nachdem Barroso im Rahmen seiner Umbesetzung die Lettin Ingrida Udre wegen ihrer Verwicklung in einen innenpolitischen Skandal nach Hause geschickt hatte, bot sich der europaerfahrene ehemalige Finanzminister und EU-Botschafter seines Landes für den Brüsseler Spitzenposten geradezu als Idealbesetzung an.

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