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Politik: Durchsetzungsstark, aber unbeliebt

Ansehen von Kochs Politik sinkt vor Kommunalwahl

In der vergangenen Woche war der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in den Nachbarländern Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz auf Wahlkampftour. Doch auch für ihn selbst ist am 26. März Zahltag. In allen 426 hessischen Kommunen werden neue Kreis-, Gemeinde- und Stadtparlamente gewählt. Koch und seine CDU, die bei der letzten Landtagswahl die absolute Mehrheit erreichten, stehen derzeit in Umfragen nicht mehr so souverän da. Eine aktuelle Erhebung von Infratest dimap im Auftrag des Hessischen Rundfunks sieht die CDU zwar vor der SPD. Wären am Sonntag Landtagswahlen, würde danach die CDU 40 Prozent (2003: 48,8), die SPD 35 (29,1), die Grünen zehn (10,1), die FDP sieben (7,9) und die Linkspartei vier (-) erreichen. Würde die Linkspartei die Fünfprozenthürde überspringen, wäre in Hessen nicht nur die absolute Mehrheit der CDU, sondern auch noch gleich die bürgerliche von CDU und FDP dahin.

Die CDU plakatiert in Frankfurt und Wiesbaden großflächig ihre populären Rathauschefs Roth und Diehl, obwohl die gar nicht zur Wahl stehen. Die Grünen haben in der Landeshauptstadt einen riesigen „Atom-Koch“ aufgestellt, den sie nach dem Standort eines neuen Atomkraftwerks in Hessen fragen, für das der Ministerpräsident geworben habe. „Rot bewegt“, das ist die Botschaft der SPD, die vor dem Ausverkauf der hessischen Sparkassen warnt, weil Koch Fusionen und Übernahmen innerhalb des öffentlich- rechtlichen Bankensystems erleichtern will. Alle Parteien wetteifern, wer die besseren Konzepte in der Schulpolitik und bei der Kinderbetreuung hat. Bei diesen beiden Themen können die Kommunalparlamente wenigstens mitreden, weil sie Schulträger sind und Kindergärten gestalten und finanzieren. Doch längst sind sogar Kommunalwahlen zum Test für Land und Bund geworden. Immerhin 18 Prozent der Befragten entscheiden auch bei der Kommunalwahl nach bundespolitischen, 15 Prozent nach landespolitischen Gesichtspunkten; 44 Prozent räumen ein, sich für Kommunalpolitik wenig oder gar nicht zu interessieren.

Auch wenn sich CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg zuversichtlich gibt, diesmal die SPD als stärkste Kommunalpartei ablösen zu können – er gibt zu, dass die Union auf dem proklamierten Weg zur „Hessenpartei“ einige „Problemfelder“ zu beackern hat. Die Privatisierung der Uni-Kliniken Gießen-Marburg ist in der Region unpopulär. Die Erweiterung des Frankfurter Flughafens um eine zusätzliche Landebahn erweist sich als schwierig; dass die Lufthansa in dieser Woche angekündigt hat, ihr Projekt für die A-380-Wartungshalle zunächst nur abgespeckt zu verwirklichen, obwohl der Bannwald bereits großflächig abgeholzt wurde, hat selbst CDU-Landtagsabgeordnete empört. Kochs Forderung, die Laufzeit der hessischen Atomkraftwerke in Biblis zu verlängern, ist unpopulär: Laut Infratest sind 54 Prozent der Hessen für den beschlossenen Atomausstieg, nur zehn Prozent befürworten neue Atomkraftwerke.

Koch gilt als durchsetzungsstark, mit hoher Kompetenz für Wirtschaft und innere Sicherheit. Doch nur 50 Prozent der Hessen halten ihn für einen guten Ministerpräsidenten, seine ambitionierte Schulpolitik führt nicht zu einem Kompetenzvorsprung vor der SPD, und immerhin 60 Prozent finden Koch nicht sympathisch, selbst ein Drittel der CDU-Wähler. Da mag es ihn trösten, dass außer seinem Vorgänger Hans Eichel keiner der möglichen SPD-Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl wirklich bekannt ist. Im SPD-Lager punktet die Landeschefin Andrea Ypsilanti auf bescheidenem Niveau, bei den Wählern anderer Parteien liegt der ehemalige Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke vorn.

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