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Politik: Echt falsch

Fingierte Briefe, erfundene Namen: Möllemann hat bei den Spenden getrickst, wo er konnte, sagt die FDP-Führung

Es begab sich in der nordrhein-westfälischen FDP, dass ein Spender besonders großherzig sein wollte zur Partei. Zweimal überwies er Geld für die Wahlkämpfe des Jürgen Möllemann, zusammen über 10 000 Euro. Den Prüfern in der Landesgeschäftsstelle fiel prompt auf, dass bei dieser Höhe die sofortige Anzeigepflicht der Spende gegenüber dem Bundestagspräsidenten besteht. Da kam es recht, dass der Spender postwendend einen Brief schrieb. Es tue ihm alles fürchterlich leid, die zweite Spende über 6000 Euro sei gar nicht für die FDP bestimmt gewesen, sie habe der CDU zugute kommen sollen! Ob man ihm freundlicherweise die Summe zurückschicken könne, am besten per Barscheck? So geschah es, und der Scheck wurde in der Bank ums Eck eingelöst. Nun lag die von der FDP erhaltene Summe unter 10 000, und Wolfgang Thierse brauchte nie etwas zu erfahren.

Nun wäre die NRW-FDP nicht die NRW-FDP, wenn hieran nicht etwas faul wäre. Ganz einfach: Den Spender gibt es nicht. Möllemann und seine Helfer hatten schlicht, wohl aus Versehen, zweimal denselben, fiktiven Namen benutzt. Dennoch findet sich in den Unterlagen zunächst das Dankesschreiben an den Spender sowie dann dessen Brief mit dem CDU-Hinweis, der de facto die Meldepflicht aushebelte.

Fiktive Spender, fingierte Dankesbriefe, natürlich in Kopie, denn die Originale waren ja imaginär an die Spender gegangen und real nie verschickt worden, ebenso fingierte Schreiben der Spender: Das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was FDP-Schatzmeister Günter Rexrodt am Dienstag zu präsentieren hatte. Sein Untersuchungsbericht „Rechnungslegung und Spendenpraxis des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der FDP“ ging gleichzeitig an Thierse. Noch ist nicht alles aufgeklärt, aber die Mechanismen der Möllemannschen Geldeinspeisungsmaschine sind erkennbar. Und sie wurden offenbar mit so viel „handwerklichem Geschick“ kaschiert, wie Rexrodt meinte, dass es akribischer Arbeit bedurfte, hinter den fingierten Briefen die reale Vertuschung zu finden.

Die Jahre 1996 bis 2002 hat Rexrodt mit einem Wirtschaftsprüfer-Team untersucht. Der Spendenfluss der Jahre 1996 bis 1998 und 2001 führte zu „keinen Beanstandungen“. Für 1999 und 2000 konstatierte Rexrodt dagegen einen „massiven Verstoß gegen die Bestimmungen des Parteiengesetzes“. In „erheblichem Umfang“ seien „Dokumente und Akten manipuliert“ worden. 1999 seien 199 000 Mark und 2000 dann 931 000 Mark „vollkommen rechtswidrig“ in die Rechenschaftsberichte eingespeist worden. Rexrodt ist zuversichtlich, eine Strafe – das Doppelte des illegal Erwirtschafteten – vermeiden zu können, weil sofort aufgeklärt wurde. Sofort bedeutet hier: Gleich nachdem klar wurde, dass die Adressen auf den Dankesbrief-Kopien erfunden waren.

Bleibt 2002. Eines schließt Rexrodt aus: Dass die Partei, um Möllemanns Geld formal nicht zu „erlangen“, es dem Geschassten zurückschickt: „Der Flyer musste finanziert werden, das Geld ist weg, da gibt’s nichts an den Spender Möllemann zurückzuzahlen.“ Woher Möllemann seinerseits das Geld hatte, müssen Steuerprüfer und Staatsanwaltschaft klären. Eine Klärung brachte der Dienstag. Möllemanns Behauptung im Brief seiner Anwälte, er habe die FDP-Gremien und die Öffentlichkeit früh über den Flyer informiert, stimmt nur in sehr abstrakter Form. Im Sommer sagte Möllemann dem FDP-Präsidium, es werde da noch etwas geben: den „Sonderwahlkampf NRW“.

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