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Politik: Eichel bekommt mehr Geld, darf es aber nicht ausgeben (Kommentar)

Mancher wird jetzt voller Neid auf Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) blicken. Dem ist am Montag etwas Schönes passiert: Er wachte auf und hatte mit einem Mal drei bis fünf Milliarden Mark mehr Geld in der Kasse als geplant.

Mancher wird jetzt voller Neid auf Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) blicken. Dem ist am Montag etwas Schönes passiert: Er wachte auf und hatte mit einem Mal drei bis fünf Milliarden Mark mehr Geld in der Kasse als geplant. Um so viel übertrifft, wie am Montag in Berlin zu hören war, die neue Steuerschätzung jene Zahl, die die Bundesregierung zuletzt erwartet hatte. Weil auch die schon um 31 Milliarden Mark größer war als die letzte Steuerschätzung, sind nun 34 bis 36 Milliarden Mark mehr da.

Was macht der Staat bloß mit diesem Geld? Weil der 1. November in weiten Teilen Deutschlands ein Feiertag war, ernannten sich viele Politiker zu Ratgebern des Finanzministeriums. Die zwei populärsten Vorschläge: Die Regierung sollte die Steuerreform vorziehen, oder sie sollte den Sparkurs unterbrechen. Doch die Ideen kommen vorschnell. Schließlich ist die Steuerschätzung mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Wenn der Arbeitskreis schätzt, so berücksichtigt er laut Gesetz nur das geltende Recht. Selbst bereits bekannte Änderungen fließen in die Zahlen nicht ein. Überdies gründet das Gremium seine Aussage auf die Konjunkturaussichten.

Jedoch: Wenn schon die Konjunkturprognose unsicher ist, dann muss die von ihr abgeleitete Steuerschätzung mit einem noch größeren Fragezeichen versehen werden. Daher kann jede Abweichung der Realität von der Schätzung zufällig sein. Es ist keineswegs so, dass der Arbeitskreis stets weniger Steuereinnahmen erwartet, als schließlich fließen. Die Schätzung weicht mal nach oben und mal nach unten ab. Sie ist keine Planungsreserve, die dem Staat regelmäßig mehr Geld bringt. Deshalb wäre der Finanzminister schlecht beraten, auf dieser Grundlage eine neue Politik zu formulieren.

So gut die Idee einer vorgezogenen Steuerreform klingen mag: Solange sie mit der Ungewissheit verbunden ist, wie sehr sich wohl beim nächsten Termin Steuerschätzung und tatsächliche Einnahmen unterscheiden, sind keine Effekte auf langfristige Investitionen zu erwarten. Es wäre auch ein ganz falsches Signal, nun den Sparkurs zu verlassen. Größere Einnahmen des Staates ändern nichts an seinen Ausgaben - und die hält die Bundesregierung für zu hoch. Sie sind an der Staatsquote abzulesen, die auf hohem Niveau verharrt. Was immer der Staat einnimmt, er hat keine Alternative dazu, seinen Haushalt zu konsolidieren. Allein diese Strategie kann für eine nachhaltige Steuerreform sorgen, die die Wachstumskräfte sich entfalten lässt.

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