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G8-Gipfel Aktion "dropping knowledge supercamp"

© dpa-Zentralbild

Politik: Eigene Wege

Die USA setzen beim Klima auf Einsicht bei den Verbrauchern – und vermissen die Einsicht ihrer Partner

In der Bundesregierung ist die Enttäuschung über die USA groß. Die „verhärtete“ Haltung der Regierung von Präsident George W. Bush verhindere Fortschritte im Klimaschutz beim G-8-Gipfel in zehn Tagen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bedauerte nach einem Gespräch mit Bushs Opponentin Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Abgeordnetenhauses, es sei „schwierig“, mit der jetzigen US-Regierung „zu konkreten Fortschritten zu kommen“. Ihre demokratische Partei begegnet den deutschen Wünschen nach verbindlichen Vereinbarungen zur Reduzierung der Emissionen offener als Bush und seine Republikaner.

Washington führt die Differenzen über die Formulierung gemeinsamer Klimaschutzziele dagegen auf unrealistische Erwartungen in Berlin zurück. Aus Sicht der USA betreffen die atlantischen Meinungsverschiedenheiten nicht das Ziel, die Treibhausgase zu verringern. Deutschland und die USA setzten vielmehr auf unterschiedliche Wege, heißt es hier. Die Jahre, in denen Bush den Klimawandel leugnete oder zumindest nicht menschliches Handeln als Ursache der Erderwärmung anerkennen wollte, sind vorbei. In seiner Rede zur Lage der Nation vom Januar 2006 hat er Amerika „oil addicted“ genannt: ölsüchtig. Bush fordert die Bürger regelmäßig auf, Energie zu sparen. Im Januar 2007 ordnete er den Klimawandel als „ernstes Problem“ ein, das „rasches Handeln verlangt“, und verkündete ein Programm, das den Benzinverbrauch in den USA binnen zehn Jahren um zehn Prozent drosseln soll. Die USA haben den höchsten Energieverbrauch pro Kopf und den höchsten Schadstoffausstoß pro Bürger. Energie ist billiger als in Europa. In Amerika gilt es als politisch illegitim, den Preis durch höhere Steuern „künstlich“ zu verteuern.

Die meisten Industriestaaten haben das Kyoto-Protokoll unterschrieben, das Emissionsgrenzen verbindlich vorschreibt. Die USA lehnen das ab. Nicht erst unter Bush, auch unter Bill Clinton gab es keine Mehrheit für diesen Weg. Daher ist fraglich, ob sich dies unter einem neuen, demokratischen Präsidenten nach der Wahl 2008 ändern würde. US-Politiker fragen, welchen Sinn es habe, Verträge zu unterschreiben, die niemand einhalte. Nach den jetzigen Zahlen ist es unwahrscheinlich, dass Deutschland und andere Kyoto-Partner ihre Verpflichtungen erfüllen.

Ein starker Druck zu schärferer Klimapolitik kommt aus Einzelstaaten wie Kalifornien. Seit Jahrzehnten hat es die strengsten Abgaswerte der Welt, auch Energieversorger haben Umweltauflagen wie in Europa.

Die Bush-Regierung setzt auf freiwillige Maßnahmen der Industrie und der Verbraucher sowie auf technische Neuerungen, die den Energieverbrauch und den Schadstoffausstoß verringern. Bush hat, zum Beispiel, ein Milliardenprogramm aufgelegt zur Entwicklung emissionsfreier Kohlekraftwerke. Wie in Deutschland stammen rund 50 Prozent des Stroms aus Kohle. Dank Bush wird Amerika 2012 ein abgasarmes oder gar abgasfreies Kohlekraftwerk am Netz haben, Jahre vor Deutschland. Der Anteil erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne und Wasser liegt annähernd so hoch wie in Deutschland. Ebenfalls mit Milliarden unterstützt Bush die allmähliche Umstellung von Benzin aus Rohöl auf Biotreibstoffe wie Ethanol.

In Deutschland ist das Schlüsselwort Klimaschutz, in den USA dagegen Energiesicherheit. Das Ziel ist, Versorgungssicherheit zu erreichen, indem man Verbrauch und Abhängigkeit von Importen reduziert. Das Umweltbewusstsein der US-Bürger ist weniger ausgeprägt.

Das Auswärtige Amt hatte vor der deutschen G-8-Präsidentschaft Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Klimapolitik analysiert und geraten, die Kooperation auf technischen Fortschritt bei der Emissionsverringerung und die Diversifizierung der Energiequellen zu konzentrieren. Im Umweltministerium und Teilen des Kanzleramts wollte man Bush dagegen verbindliche Klimaziele abtrotzen. Das ist gescheitert. Für Washington steht fest: Es hat seine Position nicht verändert. Ursache für die Enttäuschung in Berlin sind vielmehr zu hohe Erwartungen.

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