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Gastgeschenk: Der Dalai Lama brachte einen vergoldeten Buddha mit. Foto: dpa

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Politik: Ein Buddha im hessischen Landtag

Der Dalai Lama spricht vor dem Parlament in Wiesbaden – gegen den Besuch hatte China protestiert

In einer Rede vor dem hessischen Landtag hat das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, der 14. Dalai Lama, den Verzicht auf seinen politischen Führungsanspruch als Bekenntnis zur Demokratie gewertet. Er sei stolz und glücklich, dass er mit der Trennung des geistlichen und des politischen Führungsamtes vor wenigen Wochen eine 400 Jahre alte Tradition beendet und damit einen bedeutenden Beitrag zur Demokratisierung Tibets geleistet habe. Ein Land sei weder Eigentum eines Königs, eines geistlichen Führers noch irgendeines anderen Machthabers; Deutschland gehöre weder der einen noch der anderen Partei, sondern dem deutschen Volke, sagte der Dalai Lama. Die chinesische Führung habe ihn selbst in der Vergangenheit immer wieder als „Dämon“ kritisiert, doch dieser „Dämon“ habe für die Demokratie mehr geleistet, als die gesamte chinesische Führung, sagte der Dalai Lama unter dem Beifall der Abgeordneten. Dass sich immer mehr chinesische Intellektuelle und Autoren für die kulturelle und religiöse Selbstbestimmung der Tibeter einsetzten, wertete der Dalai Lama als hoffnungsvolles Zeichen. Der „freien Welt“ und seinen Freunden in Deutschland und Hessen dankte der prominente Gast für ihre Unterstützung seines friedlichen Kampfs für die kulturelle Autonomie des tibetischen Volkes.

Die Rede war Höhepunkt eines dreitägigen Besuchs des tibetischen Mönchs in Hessen. Bereits 1995 hatte der damals von vielen Regierungen noch gemiedene Dalai Lama auf Vermittlung des damaligen Oppositionsführers und späteren Ministerpräsident Roland Koch (CDU), vor dem Landtag gesprochen. Auch vor dem jetzigen Besuch hatte China protestiert. Ministerpräsident Volker Bouffier betonte in seiner Begrüßungsrede, Hessen sei an guten Beziehungen mit China interessiert. Da sei es gut, dass sich der Dalai Lama zur chinesischen Ein-Staat-Doktrin bekannt habe und nicht einen eigenständigen Staat Tibet anstrebe. Seine Forderung nach kultureller und religiöser Selbstbestimmung sei allerdings ein Kampf für Menschenrechte, so Bouffier.

Hunderte Menschen hatten sich vor dem Gebäude des hessischen Landtags eingefunden, um den Dalai Lama zu begrüßen. Auf seinem Fußweg vom nahe gelegenen Hotel Nassauer Hof zum Landesparlament hatte er Hände geschüttelt und Menschen gesegnet. Es sei bemerkenswert, wie seine Herzlichkeit, Zuneigung und Fröhlichkeit sich auf die Menschen übertrügen, sagte der Gastgeber, Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU).

Auch bei seiner Rede im Parlament gelang es dem Gast, die steife Atmosphäre des Protokolls zu durchbrechen. Er spielte an den Knöpfen des Rednerpultes und brachte seine Zuhörer immer wieder zum Lachen. Er könne sich vorstellen, dass bei der Reinkarnation des nächsten Dalai Lama auch eine Frau erwählt werden könne, sagte der 14. Träger dieses Titels; allerdings wünsche er sich, dass diese Frau dann wenigstens hübsch sei. Als Geschenk übergab er dem Landtagspräsidenten einen goldenen Buddha, der revanchierte sich mit einem Korb von Honiggläsern. Bouffier schenkte dem 76-Jährigen einen iPod mit klassischer Musik des Rheingau Musikfestivals, als Zeichen dafür, dass der Dalai Lama dem Klassischen verbunden und dem Neuen gegenüber aufgeschlossen sei. Nur ein Zaungast kritisierte den Hype um den wie ein Popstar umjubelten Gast. Eine strenggläubige Christin aus Wetzlar, die ihren Namen nicht nennen wollte, hielt ihm ein Schild mit der Botschaft entgegen: „Gott wird gelästert, wenn Politiker zum Dalai Lama seine Heiligkeit sagen.“

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