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Politik: „Ein gewisser Fortschritt“

Eckpunktepapier von Regierung und Rebellen zu Darfur – früherer UN-Sudanbeauftragter Baum skeptisch

Berlin - Das Positive ist: Man hat sich überhaupt geeinigt. Vertreter der sudanesischen Regierung und der Rebellen aus der Westprovinz Darfur haben am Dienstag in Nigeria eine „Declaration of Principles“, eine Eckpunkteerklärung, unterzeichnet. Darin ist von der grundsätzlichen Einheit des riesigen Landes, einem Rückkehrrecht für Flüchtlinge sowie Autonomierechten für Darfur die Rede. In der Provinz, die so groß wie Frankreich ist, kämpfen Rebellen seit mehreren Jahren gegen Truppen der Zentralregierung, die von arabischstämmigen Reitermilizen, den Dschandschawid, unterstützt werden. Seit Februar 2003 sind dabei nach UN-Schätzungen etwa 300000 Menschen getötet worden, 2,4 Millionen sind auf der Flucht.

Nachdem Anfang des Jahres Gespräche ergebnislos geblieben waren, verhandelten die Konfliktparteien seit dem 10. Juni zum ersten Mal wieder unter Vermittlung der Afrikanischen Union. Kämpfe in Darfur sowie in Ostsudan, an denen Rebellen der an den Gesprächen beteiligten Jem (Justice and Equality Movement) beteiligt waren, erschwerten eine Einigung im nigerianischen Abuja. So ist die Erklärung jetzt auch meilenweit von einem Friedensabkommen entfernt. Am 24. August soll weiterverhandelt werden.

Der frühere Bundesinnenminister und ehemalige UN-Sudanbeauftragte Gerhart Baum nennt die Erklärung „einen gewissen Fortschritt, aber keinen Durchbruch“. Für Darfur sei schon „so viel Papier beschrieben worden, und nichts hat sich geändert“. Seit dem 8. April 2004 gelte ein Waffenstillstand, aber gekämpft werde immer noch. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, betont, an erster Stelle müsse die Gewalt in Darfur aufhören, und die Konfliktparteien so die „Ernsthaftigkeit ihres Willens zu einer friedlichen Lösung unter Beweis stellen“. Das würde vor allem den Flüchtlingen helfen, deren Lage „nach wie vor erbärmlich“ ist, sagt Baum. Hilfsorganisationen berichten von Frauen, die sich nur kurz aus Flüchtlingslagern herauswagen, um Feuerholz zu sammeln, und vergewaltigt werden. Nach wie vor gebe es Überfälle der Reitermilizen auf Dörfer in Darfur. Außerdem erschwert die Regierung den Hilfsorganisationen offenbar den Zugang zu den Bedürftigen.

Dass sich nun in Darfur trotzdem etwas zu bewegen scheint, könnte nach Ansicht von Beobachtern auch mit dem Friedensprozess in Südsudan zu tun haben. Am Freitag wird der dortige frühere SPLA-Rebellenchef und designierte Vizepräsident Sudans, John Garang, in der Hauptstadt Khartum erwartet. Dort soll er auf die neue Verfassung des Landes eingeschworen werden. Am 9. August soll dann eine neue nationale Regierung gebildet werden. Vielleicht wirkt sich dadurch entfachte Dynamik auch auf die Krise in Darfur aus, sagt die Sudanexpertin Marina Peter, die den Prozess seit Jahren begleitet. Möglicherweise bewirkt aber auch der neu entfachte Konflikt in Ostsudan, dass die Regierung in Khartum die Darfurkrise zu Ende bringen möchte. Denn im Osten des Landes liegt mit Port Sudan am Roten Meer auch der Hafen, über den das Land seinen Ölexport abwickelt.

Wer mit Blick auf die Entwicklung in Südsudan jetzt auf eine profunde Verbesserung der Situation in Darfur hofft, könnte aber enttäuscht werden. Im Süden des Landes hatten die Konfliktparteien bereits in den 90ern eine Art „Declaration of Principles“ unterzeichnet, den Friedensvertrag dann am 9. Januar 2005.

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