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Politik: Ein Hauch von Wehmut - Friedrich Merz tritt sein Amt als Fraktionschef in der dramatischsten Umbruchphase der Union an

Er blickt nach links und zeigt ein heiteres Gesicht, bis gerufen wird: "Herr Merz, hierher, Herr Merz." Und Friedrich Merz macht gute Miene zu den Kameras auf der anderen Seite des Tisches.

Er blickt nach links und zeigt ein heiteres Gesicht, bis gerufen wird: "Herr Merz, hierher, Herr Merz." Und Friedrich Merz macht gute Miene zu den Kameras auf der anderen Seite des Tisches. Ins Zentrum hat die Regie die beiden Parteivorsitzenden Edmund Stoiber und Wolfgang Schäuble gesetzt, die ihren Fraktionschef nach glücklich verlaufener Wahl - 217 von 226 Abgeordneten haben Merz gewählt - bei seinem Auftritt begleiten.

Er findet im Reichstag statt, ein kurzes Ereignis vor den Wahlen für die Stellvertreterposten, die wieder hinter den verschlossenen Türen der Fraktion stattfinden. Unter der Kuppel ein kleiner Tisch, provisorische Kordel-Absperrungen und ein ungeheurer Andrang von Journalisten. Die Öffentlichkeit fordert ihren Tribut vom neuen Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und der spielt mit. Vorerst ganz außen. Denn der Neuanfang ist zunächst ein Abschied. Ein schmerzlicher Abschied, hat CSU-Chef Stoiber vor der Fraktion gesagt. Auch vor der Presse wird Wolfgang Schäuble gedankt. Ein gewachsenes Freundschaftsverhältnis, sagt Stoiber, Schäuble sei ein "wichtiger und bedeutender Pfeiler". Unser Bündnis hat sieben Jahre bestanden, sagt Michael Glos, CSU-Landesgruppenchef und jetzt der erste Stellvertreter von Merz, unsere Freundschaft wird bleiben. Ein Wort habe er gesucht, sagt Friedrich Merz, und es in Lessings "Nathan" gefunden: "Begreifst du aber wie viel andächtig schwärmen leichter als gut handeln ist?" Merz erinnert an Verdienste, an den Einigungsvertrag.

Fast liegt Wehmut auf den Gesichtern der Akteure, auch auf dem von Schäuble, der vor zwei Wochen seinen Rückzug so kurz und bündig vollzogen hat. Gut, dass Merz "ausnahmsweise einmal" den Dank auch im Namen der Presse ausspricht. Denn da lachen alle entspannt, auch Schäuble. Merz erinnert daran, dass Schäuble "erst der siebte Vorsitzende der Unionsfraktion seit 1949" war - ein Amt also mit "lang angelegter Kontinuität".

Der 44-jährige Merz tritt es in der schwersten Umbruchkrise der Union an. Ein bedeutender Tag, sagt Stoiber, denn man habe heute "begonnen mit dem Aufstellen der neuen Mannnschaft". Fast demonstrativ hat die CSU dem Neuen den Rücken gestärkt, einstimmig hat die CSU-Landesgruppe vor der Fraktionssitzung für ihn votiert. "Die einzige Position, wo ein CDU-Politiker auch die CSU vertritt", erinnert Stoiber.

Merz weiß, dass der Vorsitzende von 245 Bundestagsabgeordneten auch auf Balance bedacht sein muss. Am Tag seiner Wahl hat er der CDU Besonnenheit bei der nächsten, ungleich wichtigeren Personalie empfohlen. Für die Entscheidung über den Parteivorsitz brauche die CDU die Zeit bis zum 20. März, vielleicht sogar bis zum Parteitag. "Ich persönlich bin überhaupt noch nicht festgelegt."

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