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Politik: Ein Lächeln und drei Cremepuddings

Der PDS-Vorsitzende Bisky reist durch die neuen Länder. Er will den Eindruck vermitteln, seine Partei sei wieder da – und muss sich erst mal selbst Hoffnung machen

Von Matthias Meisner

Soll nur ja keiner denken, Lothar Bisky fehle es an der nötigen Energie für den Job. „Ich war müde“, gibt der PDS-Vorsitzende zu. „Aber ich bin nicht müde.“ Ende Juni hat sich Bisky erneut zum Parteichef wählen lassen, in ein Amt, das er schon einmal von 1993 bis 2000 innehatte und das er damals entnervt abgab: „Die finale Mülltonne ist voll.“ Jetzt will er zeigen, dass die PDS doch noch eine Chance hat und die monatelangen Querelen in der Spitze ein Ende haben.

Bisky ist auf Sommertour. Eine Woche lang reist er, noch bis zu diesem Samstag, durch die neuen Länder, von der Uckermark bis nach Riesa in Sachsen, und die Kernbotschaft wird schnell klar: Die PDS will sich auf ihr angestammtes Terrain Ostdeutschland konzentrieren, den Kommunalpolitikern zeigen, dass die Bundespartei wieder da ist und auch Antworten hat auf die Sachfragen nach der Finanznot der Kommunen, zur Steuerreform, zur Abwanderung von Jugendlichen.

Ein wenig geht es bei so einer Reise zu wie bei der Sendung mit der Maus. Nur dass nicht die Lach-, sondern die Sachgeschichten im Mittelpunkt stehen. Ob nun im Braunkohlerevier Zeitz-Weißenfels, bei der PDS-Landrätin Ostvorpommerns oder bei den Kommunalpolitikern der strukturschwachen Altmark: Kaum hat Bisky Platz genommen an den Konferenztischen mit dem immer gleichen Filterkaffee und den immer gleichen Schnittchen, kommt auch das Gespräch schnell auf die immer gleichen Probleme: die hohe Arbeitslosigkeit, Landflucht, Überalterung der Bevölkerung, steigende Zahl von Sozialhilfeempfängern. Bisky hört meist erst mal lange zu. Das Marktschreierische liegt ihm nicht, ganz anderes als seinem früheren Kompagnon Gregor Gysi. Die Gesprächspartner behandeln Bisky respektvoll, doch meist auch ohne große Erwartungen.

„Wir müssen sehr viel tun, damit hier wieder Hoffnung wächst“, sagt Bisky selbst beim Gespräch im Rathaus von Anklam: „Wir brauchen hier wieder Hoffnung.“ Und der PDS-Vorsitzende lässt zu, dass diese Sätze sowohl auf die Lage der Stadt als auch auf die Lage seiner eigenen Partei bezogen werden können. Mit Verve agiert der Parteichef, wenn es um Kultur geht – zum Beispiel in einer Diskussionsrunde im Theater von Stendal, das wie weitere Bühnen in Sachsen-Anhalt von der Schließung bedroht ist. Ihm graue, sagt Bisky, vor einem Land, in dem immer mehr an Vergnügungen und Erkenntnissen gespart werde. Kultur müsse verteidigt werden: „Sonst wüsste ich auch nicht, wofür man sich politisch engagiert.“

Nach dem Gespräch im Theater macht sich Bisky über die Süßigkeiten am Buffet her. Er vernascht drei Cremepuddings und setzt ein spitzbübisches Lächeln auf – vielleicht gerade, weil es sonst wenig zu lachen gibt. Als „Notlösung“ hat er den Posten des Parteichefs übernommen, und vielleicht wird er 2004 für die PDS als „Lückenbüßer“ für Europa kandidieren, damit seine Genossen ein bekanntes Gesicht plakatieren können. Noch ist für Bisky nicht entschieden, ob die PDS wieder auf die Beine kommt. Er wisse, sagt der Vorsitzende, wie schwierig alles sei, wenn eine Partei einmal auf die schiefe Bahn geraten sei. Und so verordnet der Chef seinen Genossen – erst mal Ruhe.

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