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Atomkraftwerk Grafenrheinfeld: Ein Riss ganz nah am Reaktorkern

Ein Riss im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld beunruhigt die Reaktorsicherheitskommission. Die Unregelmäßigkeit war 2001 zum ersten Mal aufgefallen.

Berlin - Ein Riss im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld beunruhigt die Reaktorsicherheitskommission (RSK). Die Fachleute beraten das Bundesumweltministerium und haben sich schon im September 2010 mit einem Befund befasst, über den das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ in dieser Woche berichtet hat. Demnach hat der Betreiber Eon bei der Überprüfung eines Thermoschutzrohrs, einer Leitung, die den Hauptkühlkreislauf mit dem Druckbehälter des Reaktors verbindet, einen Riss bemerkt. Die Unregelmäßigkeit war 2001 zum ersten Mal aufgefallen, aber so klein, dass sie nicht gemeldet werden musste. Auch diesmal verzichtete der Betreiber Eon zunächst auf eine Meldung.

Nach „Spiegel“-Informationen hat der Befund im Bundesumweltministerium einige Hektik ausgelöst. So habe das Ministerium die Abschaltung des Atomkraftwerks gefordert. Eon und die zuständige Reaktoraufsicht in Bayern sind jedoch davon überzeugt, dass von dem Riss keine Gefahr ausgeht. Eon hat angekündigt, die Leitung bei der nächsten Revision im März 2011 austauschen zu wollen. Atomexperten sehen den Riss weniger entspannt. Das gilt auch für die RSK, die sich im Dezember noch ein zweites Mal mit dem Vorgang beschäftigt hat.

Schon im September hatte die RSK dem Ministerium geraten, „auch die anderen Kernkraftwerke auf derartige Befundphänomene“ zu überprüfen, heißt es im Protokoll der Sitzung, das dem Tagesspiegel vorliegt. Wie es zu dem Riss kommen konnte, ist den Fachleuten noch völlig unklar. Offenbar hat es einen ähnlich gelagerten Fall aber schon einmal im schweizerischen Atomkraftwerk Gösgen gegeben. Dort sei der Riss im Betrieb entstanden. Deshalb befürchten die RSK-Experten, dass „in weiteren deutschen Anlagen gleichartige Befunden vorliegen, die bisher nicht festgestellt worden sind, weil der Verrundungsbereich nicht wiederkehrend geprüft wurde“.

Die Grünen im Bundestag wollen es jetzt jedenfalls genauer wissen. Sie haben für die heutige Sitzung des Umweltausschusses einen mündlichen Bericht des Ministers Norbert Röttgen (CDU) verlangt. Sylvia Kotting-Uhl sagte dem Tagesspiegel: „Die übliche Story: keiner der Verantwortlichen weiß, was los ist, aber sie behaupten schon mal, alles im Griff zu haben.“ Dagmar Dehmer

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