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Politik: "Eine Diktatur ist keine reale Perspektive" - Russland-Experte Klaus Segbers zu der Wahl am Sonntag

Klaus Segbers ist Professor für Politikwissenschaft am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin.Bei dieser Präsidentschaftswahl scheint bereits alles festzustehen.

Klaus Segbers ist Professor für Politikwissenschaft am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin.

Bei dieser Präsidentschaftswahl scheint bereits alles festzustehen. Putin wird vermutlich Präsident. Was bedeutet das für Deutschland und den Westen?

Das ist im Grunde die Frage nach dem Programm Putins. Wenn er gewinnt, dann wird wahrscheinlich im Mai bekannter sein, mit welchen Programmen er die nächsten Jahre bestreiten will. Da Putin aber jetzt schon ein paar Monate amtiert, lassen sich schon ein paar Dinge erkennen, die wahrscheinlich nach seiner Bestätigung Bestand haben.

Welche wären das?

Ein wichtiges Element ist in der Wirtschaftspolitik, dass er sehr deutlich gegen eine neue Destabilisierung, eine neue Umverteilung von Eigentumstiteln auftritt. Das ist wichtig, damit die großen Investorgruppen, die sich in den letzten Jahren herausgebildet haben, eine gewisse Sicherheit verspüren. Entscheidend ist auch, dass diese ökonomische Orientierung, die im Übrigen auch mit einer für Deutschland wichtigen Neigung zur Weltmarktöffnung einhergeht, verbunden ist mit einer starken Staatsrhetorik. Das heißt, dass der Staat stark sein muss, um eine freie Wirtschaft zu garantieren. Das ist eine tragende Idee in Putins Statements der letzten Monate. Bislang ist das allerdings nur Rhetorik: Russland ist in einem Zustand, wo es nicht von einem einzelnen Menschen abhängt, ob die Gesetze eingehalten, die Steuern und Löhne bezahlt werden.

Über vieles lässt Putin doch seine Wähler und internationalen Gesprächspartner im Unklaren. Welche Themen könnten nach der Wahl zu Stolpersteinen werden?

Zum einen: Was wird er mit den so genannten Oligarchen tun? Sie sind die verbliebene Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik, haben große Imperien aus Industrie, Banken und Medien angesammelt. Wird Putin seine bisherige Position, die Oligarchen vom Staat fernzuhalten, durchsetzen können oder wird er davor zurückschrecken? Ein zweiter Testfall: Was wird geschehen mit den vielen Betrieben, die nicht profitabel sind? Wird Putin den Mut haben, diese Betriebe zu schließen, oder wird er diese Kostgänger der Budgets aus sozialen Gründen weiter mit sich herumschleppen?

Putin definiert Demokratie als Diktatur des Gesetzes, es wurde schon über ein Verlängerung der Präsidentenamtszeit nachgedacht. Ist die Demokratie gefährdet?

Meiner Ansicht nach ist das keine reale Perspektive. Russland ist zurzeit eine Art Verhandlungs-Demokratie. Das heißt, die russische Politik besteht aus ständigen Aushandlungsprozessen zwischen Wirtschaftsgruppen, zwischen Gouverneuren, zwischen Parteien und der Administration des Präsidenten. Diese schwierige Situation ist nicht einfach mit einem Federstrich aufzulösen zu Gunsten eines starken Durchgriffs von oben nach unten.Das Gespräch führte Doris Heimann.

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