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Politik: Eine für alle

Von skurril bis orthodox: Auch unter Lothar Bisky sind alle Flügel der Partei in der Führung traut vereint

Von Sabine Beikler

DIE PDS IN DER KRISE

Lothar Bisky präsentiert sich am Sonntag auf dem Krisenparteitag der PDS im Berliner Tempodrom gelassen. Dass er mit nur 78,2 Prozent am späten Samstagabend zum Parteivorsitzenden gewählt worden war? „Ich habe Schlimmeres erwartet“, lautet sein trockener Kommentar. Das Ergebnis sei „ehrlich“: Seine Wunschliste für den Parteivorstand war weder im Reformer-Lager noch bei den Traditionalisten mit großer Begeisterung aufgenommen worden. Doch die Parteibasis blieb ruhig, muckte nicht laut auf, und Gegenkandidaten gab es auch nicht. Bisky brachte seine Wunschkandidaten problemlos durch. Seit Sonntag hat die PDS also wieder eine neue Führungsspitze. Dagmar Enkelmann, Katja Kipping und Wolfgang Methling wurden zu Biskys Stellvertretern gewählt. Rolf Kutzmutz löst Uwe Hiksch, der nicht mehr kandidierte, als Bundesgeschäftsführer ab. Der neue Bundesschatzmeister heißt Uwe Hobler.

Mag auch der neue Vorstand für Bisky „handlungsfähig“ sein – manche Genossen sehen rot. Bei den Visionen der 25-jährigen Katja Kipping zum Beispiel: Die Stadträtin in Dresden, Mitglied des sächsischen Landtags und nun auch Bundes-Vize, fordert die soziale Grundsicherung von 1000 Euro für jedermann, eine Arbeitszeitverkürzung auf 20 Stunden und freie Fahrt mit Bussen und Bahnen. Dass das Maximalforderungen sind, weiß sie zwar, doch müsse sich die „PDS als Partei des anderen Typs“ definieren. Das geht den Genossen zu schnell: Kipping erhielt mit 62 Prozent das schlechteste Ergebnis bei den Stellvertreter-Wahlen.

Dagmar Enkelmann aus Brandenburg will das kommunalpolitische Profil der PDS stärken, Wolfgang Methling, der Schweriner Umweltminister, möchte der Partei stärker „die Ökologie“ beibringen. Geht es nach Bisky, wird sich der neue Vorstand weder mit dem einen noch dem anderen beschäftigen. Bisky will eine Programmdebatte führen und über die künftige Strategie sprechen. „Die PDS muss eine berechenbare Partei werden.“ In dem neuen 20-köpfigen Parteivorstand sind sowohl Vertreter der Reformlinken als auch Orthodoxe vertreten: Die Berliner Reformlinke Elke Breitenbach zum Beispiel wurde wie Sahra Wagenknecht von der Kommunistischen Plattform mit 62 Prozent gewählt. Obwohl Bisky Diether Dehm, einen der Hauptakteure in der Führungskrise der Partei, gebeten hatte, ein Jahr lang auf einen Posten im Vorstand zu verzichten, kandidierte der Konzertveranstalter. Er habe schon einmal unter Bisky gearbeitet und wolle kandidieren, „um Dich zu unterstützen“. Umsonst: Dehm wurde nicht in die Parteiführung gewählt.

Die am Sonnabend aufgebrochenen Auseinandersetzungen um Rot-Rot in Berlin hörten sich am Sonntag deutlich abgeschwächt an. Ein Antrag, wonach die PDS-Fraktion in Berlin auf Nachverhandlungen zum Sparpaket drängen soll, erhielt keine Mehrheit. Der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf kritisierte das „Informationsdefizit“ bei vielen seiner Parteifreunde. Er habe nichts dagegen, die Berliner Situation auf einem Parteitag zu behandeln, aber dann bitte mit Sachverstand. Wagenknecht erneuerte ihre Kritik vom Vortag: Die Berliner PDS finde immer wieder Erklärungen, warum man dies oder das mittragen könne. Aber: „Damit hauen wir uns die Beine weg.“ Auch die Berliner PDS müsse wieder ihre „Schmerzgrenzen“ fühlen. Vielleicht war dies das Wasser auf die Mühlen der mitregierenden PDS-Landesverbände, die mit ihrer Profillosigkeit hadern: Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen eine „sachliche, kritische und solidarische“ Diskussion mit ihrer Partei und dem Parteivorstand über den Politikstil und dessen Wirkungen in den Ländern führen.

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