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Politik: Eine Koalition für Kinder

Warum die Oberbürgermeister von Stuttgart (CDU) und Heidelberg (SPD) die Betreuung ausbauen

Berlin - Auf Bürgermeister wie sie ist Familienministerin Renate Schmidt (SPD) angewiesen. „Die Kinderbetreuung muss selbstverständlich ausgebaut werden. Es gibt einen Wahnsinnsbedarf“, sagt Heidelbergs Oberbürgermeisterin Beate Weber (SPD). Ihr Stuttgarter Kollege Wolfgang Schuster (CDU) ergänzt: „Wir werden noch viel Geld investieren müssen. Aber es geht schließlich um die Zukunftsfähigkeit der Städte.“

Das sind andere Töne, als sie aus den kommunalen Spitzenverbänden zu hören sind. Für einen Ausbau der Kinderbetreuung reichten die Finanzmittel der Kommunen nicht aus, beklagen die Verbandsvertreter, die sich deswegen mit Familienministerin Schmidt angelegt haben. Per Gesetz will die Bundesregierung erreichen, dass es bis 2010 bundesweit so viele Betreuungsplätze für Kleinkinder unter drei Jahren gibt, wie benötigt werden. In Westdeutschland stehen derzeit für 2,7 Prozent der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung, in Ostdeutschland sind es immerhin 37 Prozent. Der Ausbau soll zumindest zum Teil aus den finanziellen Entlastungen bezahlt werden, die den Kommunen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zukommen. Die kommunalen Spitzenverbände argumentieren jedoch, dass dieses Geld nicht reiche.

„Dummes Zeug. Das ist alles vorgeschoben“, schimpft Beate Weber. Leider sei der Widerstand bei vielen Gemeinderäten groß, Kitas auszubauen. „An einen guten Versorgungsgrad bei der Kinderbetreuung kann man sich halt kein Messingplättchen ranhängen“, sagt die SPD-Frau. Seit 1990 sind in Heidelberg die Kindertagesstätten konsequent ausgebaut worden. „Wir haben die Kinderbetreuung immer aus allen Kürzungen herausgehalten“, sagt die Oberbürgermeisterin. Inzwischen sei für gut 16 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsplatz vorhanden. Bedarfsgerecht – wie es die Bundesregierung bis 2010 anstrebt – wäre eine Quote von 20 Prozent. Vor allem viele Kommunen in Westdeutschland liegen weit darunter. Die SPD-Politikerin hält das Gesetz aus Berlin für „zwingend notwendig, damit in den Kommunen etwas passiert“. Die Kindergärten in Deutschland seien auch nur deswegen ausgebaut worden, weil der Bund die Kommunen dazu verpflichtet habe.

Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster beklagt, „dass all die Jahre niemanden interessiert hat, wie kinder- oder familienfreundlich Städte sind“. Der CDU-Politiker hat sich deshalb ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Stuttgart soll die kinderfreundlichste Großstadt Deutschlands werden.

Schuster will dafür die Betreuung in Kindertagesstätten und an den Schulen ausbauen sowie mehr Tagesmütter einsetzen. Allein in den Jahren 2002 und 2003 hat die Stadt Stuttgart 20 Millionen Euro zusätzlich für Kinderbetreuung ausgegeben. „Wir müssen junge Paare motivieren, wieder mehr Kinder zu bekommen“, sagt der CDU-Politiker. Etwa 50 Prozent der akademisch ausgebildeten jungen Frauen im Großraum Stuttgart bekämen keine Kinder mehr.

Dass sie mit ihrem Engagement auch im Wahlkampf punkten können, sehen die beiden Bürgermeister eher skeptisch. „Kindergeschrei ist für viele Menschen leider keine Zukunftsmusik“, sagt Schuster. Deutschland sei wenig kinderfreundlich, beklagt auch seine Kollegin Weber. „Aber für die Gesellschaft ist es unabdingbar, dass sich etwas verändert.“

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