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Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei trifft in Kairo ein. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, der sich an die Spitze der Protestbewegung stellen will, bietet sich als Chef einer Übergangsregierung an. Ägypten stehe an einem Scheideweg, sagt der 68-Jährige.

© AFP

Proteste: El Baradei in Ägypten angekommen

Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei ist in Ägypten eingetroffen und will die Demonstranten unterstützen. Trotz der heftigen Proteste geht die Regierung Mubarak nicht auf die Forderungen ein.

Der ägyptische Oppositionelle und Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei ist am Donnerstagabend in Kairo eingetroffen. Der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA will sich an die Seite der Demonstranten stellen. Er hat sich nach einem Bericht des Fernsehsenders Al Arabiya bereit erklärt, unter bestimmten Umständen eine Übergangsregierung zu führen.

Bei seiner Ankunft wies el Baradei kritische Fragen zurück, warum er erst nach tagelangen Protesten mit mehreren Toten nach Ägypten zurückkehre. „Es ist ein Prozess“, sagte er. Ägypten stehe an einem Scheideweg. „Eine Hand ist ausgestreckt, aber die Führung muss verstehen, dass Wandel absolut notwendig ist.“ Es gebe keinen Weg zurück.    Die Opposition hat für diesen Freitag zu Massenkundgebungen in Kairo und anderen Städten aufgerufen. El Baradei rief zu friedlichen Protesten auf. Der Diplomat sagte: „Ich hoffe, die Regierung tut das gleiche.“ Er forderte die Behörden auf, keine Demonstranten mehr festzunehmen und zu foltern. Seit Dienstag gab es mindestens sieben Tote, etwa 1000 Menschen wurden festgenommen.

Sicherheitskräfte sollen für Freitagmittag Gebete in den meisten Moscheen im Zentrum von Kairo sowie in größeren Moscheen im Land verboten haben, um Versammlungen von Demonstranten zu verhindern, berichtete die Website Akher al-Akhbar.

Proteste trotz Schlagstöcke

Trotz scharfer Warnungen der Polizei ist es in Ägypten auch am dritten Tag seit Beginn der Proteste wieder zu zahlreichen Demonstrationen gegen Präsident Hosni Mubarak gekommen. In den Städten Ismailia und Suez entlang des Suezkanals kam es am Donnerstag zu schweren Ausschreitungen. In Suez schoss die Polizei mit Gummigeschossen in die Menge, die das Hauptquartier der Regierungspartei in Brand gesetzt hatte. In Ismailia zündeten Demonstranten eine Feuerwache an. In Alexandria wurden zahlreiche Menschen verhaftet, die im Stadtzentrum eine Kundgebung abhalten wollten. Auch in Kairo versammelten sich am Nachmittag erneut Regimekritiker an vielen Stellen der Innenstadt.

Für diesen Freitag rief die Opposition über Facebook zu Großdemonstrationen in ganz Ägypten für „ein Leben in Freiheit und Würde“ auf. Die Proteste sollen am frühen Nachmittag nach dem Freitagsgebet beginnen. Offenbar will sich jetzt erstmals auch die gut organisierte Muslimbruderschaft offiziell an den Demonstrationen beteiligen, was den Druck auf das Mubarak-Regime beträchtlich erhöhen wird.

Auch in Jordanien kündigte die Opposition für diesen Freitag neue Protestmärsche unter dem Motto „Brot und Freiheit“ an. Sie fordert den Rücktritt der Regierung und eine Beschneidung der Rechte von König Abdullah II. In Jemens Hauptstadt Sanaa forderten am Donnerstag tausende Menschen den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Saleh.

Mubarak äußert sich nicht

Bisher sind bei den Unruhen sieben Menschen getötet und 70 verletzt worden. Mehr als 1200 wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen verhaftet. Vor allem im Zentrum von Kairo machten zivile Regierungsschläger mit Stöcken und Peitschen gezielt Jagd auf Menschen.

Präsident Mubarak äußerte sich auch am Donnerstag nicht zu den Revolten gegen seine Herrschaft. Auch gibt es bisher keine Anzeichen, dass der 82-Jährige bereit ist, auf die Forderungen der Menschen einzugehen, Reformen anzukündigen oder gar seine Macht abzugeben. Einzig Premierminister Ahmed Nazif ließ erklären, die Regierung sei bereit, das Recht auf Meinungsäußerung zu respektieren, wenn es in legitimer Weise ausgedrückt würde. Was er mit diesem gewundenen Satz konkret meint, erläuterte der Regierungschef jedoch nicht.

Unterdessen wurde der Handel an der Kairoer Börse am Donnerstagvormittag ausgesetzt, nachdem der Index zwei Tage hintereinander jeweils um sechs Prozentpunkte abgerutscht war. US-Präsident Barack Obama appellierte in einer schriftlichen Erklärung an die ägyptische Regierung, auf die Erwartungen der Bevölkerung einzugehen. Er mahnte politische, wirtschaftliche und soziale Reformen an, „die das Leben der Menschen verbessern und Ägypten voranbringen“ könnten. Die USA seien bereit, mit Ägypten und dem ägyptischen Volk an der Verwirklichung dieser Ziele zu arbeiten. (dpa)

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