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El Salvador: Gesetzesnovelle löst bizarre Debatte zwischen Kirchen aus

Um die Bibel ist in El Salvador eine ebenso heftige wie skurrile Debatte entbrannt – mit zum Teil überraschenden Positionen und Argumenten.

In der Hoffnung, damit das hohe Gewaltniveau in dem mittelamerikanischen Land in den Griff zu bekommen, hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die tägliche siebenminütige Lektüre von Bibelstellen an Schulen obligatorisch macht. Initiator des Gesetzes Nr. 411 war ein Hauptmann a. D. und Veteran des blutigen Bürgerkriegs, Antonio Almendariz, der dafür von den rechten Parteien Arena, Gana, PCN und PDC unterstützt wurde. Die linke Regierungspartei FMLN stimmte dagegen.

Präsident Mauricio Funes, ein ehemaliger Sympathisant der linken Guerilla, legte jetzt sein Veto dagegen ein – und erhielt dafür Applaus von den Katholiken und ätzende Kritik von einigen protestantischen Pfingstkirchen. Es sei ein Irrtum zu glauben, die zwingende Lektüre von Bibelstellen könne die Kriminalität verringern, argumentierte Funes. Außerdem verstoße das Gesetz gegen die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit.

Die Katholische Kirche hatte sich überraschend vehement gegen das Gesetz ausgesprochen. „Dies ist eine richtige Entscheidung“, begrüßte Bischof Rodrigo Cabrera das Veto. „Natürlich sollen die jungen Leute die Bibel lesen, aber ohne damit die Verfassung zu brechen und unter fachgerechter Anleitung“, fügte er hinzu. Das Gesetz verfehle seinen Zweck und drohe, einen Religionskrieg vom Zaun zu brechen.

Von den Protestanten hingegen hagelte es Kritik. „Wir wundern uns nicht, dass der Präsident dem Druck der Katholischen Kirche nachgegeben hat, die ja bekanntermaßen seit 500 Jahren politischen Einfluss ausübt“, sagte der protestantische Pastor Carlos Rivas. Andere Protestanten erklärten, die katholischen Priester hätten vermutlich deshalb kein Interesse daran, weil sie nicht wollten, dass die Gläubigen die Bibel ohne ihre Vermittlung konsultieren.

Einige konnten dem Veto aber auch positive Seiten abgewinnen. „Die Entscheidung des Präsidenten war sehr klug, denn damit hat er es geschafft, dass in der Öffentlichkeit über die Bibel gesprochen wird“, sagte der Baptistenprediger Edgar Lopez. Und auch beim christdemokratischen Abgeordneten Rodolfo Parker, der ursprünglich für das Gesetz gestimmt hatte, trat ein Sinneswandel ein: „Wenn ich das Thema genau analysiere, scheint der Präsident recht zu haben. Aber wir hatten es ja nur gut gemeint.“ Worauf der Rektor der Katholischen Universität, Jose Maria Tojeira, entgegnete: „Die Abgeordneten überraschen uns immer wieder mit ihrer intellektuellen Beschränktheit und politischen Einfalt.“

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