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Elterngeld: Wer arbeitet, verliert

CDU-Familienministerin Schröder will Minijobbern und Kleinverdienern das Elterngeld streichen – Ersatz dafür sollen sie später bekommen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Familienministerin Kristina Schröder (CDU) will das Elterngeld nicht nur für Hartz-IV-Empfänger, sondern auch für Kleinverdiener und Minijobber abschaffen. Entsprechende Pläne, die am Freitag bekannt geworden waren, bestätigte die Ministerin. Vorwürfe, mit einer solchen Regelung entziehe sie Menschen die Unterstützung, die versuchen, durch Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu sichern, wies die Ministerin allerdings zurück. Den Betroffenen werde im Zuge der Neuberechnung von Hartz-IV-Sätzen im September und im „parlamentarischen Verfahren“ geholfen, teilte Schröder mit, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor berichtet, in einem Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums zur Neuregelung des Elterngeldes sei die Abschaffung des sogenannten Sockelbetrages im Elterngeld auch für Minijobber und sogenannte Aufstocker festgeschrieben. Letztere beziehen zusätzlich zu ihrem geringen Einkommen staatliche Leistungen. Schröder berstätigte den Bericht, er gebe den Arbeitsentwurf „teilweise zutreffend wieder“.

Zur Begründung für die Neuregelung verwies Schröder auf das Haushaltsbegleitgesetz, das sie in Teilen erarbeite und das „schnell ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden muss“. Es ist nötig, weil die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Etat 2011 ein milliardenschweres Sparpaket verabschiedet hat, das im Herbst gesetzlich festgezurrt werden muss. Darin hatte Schwarz-Gelb bereits festgelegt, dass Hartz-IV-Empfänger ab 2011 kein Elterngeld mehr bekommen sollen. Die Regelung war schon kurz nach der Verabschiedung auch in der Koalition kritisiert worden.

Schröders Gesetzentwurf stieß kurz nach Bekanntwerden auf breite Ablehnung sowohl in der Union als auch bei der FDP. Die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär (CSU), bezeichnete die Vorschläge aus dem Familienministerium als unsinnig. „Das tragen wir nicht mit“, sagte Bär. Diese Maßnahmen seien geradezu das Gegenteil eines Arbeitsanreizes, weil sie wie eine Strafe für Geringverdiener wirkten, die den Kontakt zum Arbeitsmarkt hielten.

„Völlig irrsinnig“ nannte die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Miriam Gruß, den Vorschlag. „Ausgerechnet die zu bestrafen, die sich anstrengen und für wenig Geld arbeiten gehen, ist Unsinn“, sagte Gruß dem Tagesspiegel: „Ich lehne das ab.“ Sollte es noch Kürzungsbedarf geben, dann sollte das Elterngeld „aus Gerechtigkeitsgründen“ nicht nur Hartz-IV-Empfängern, sondern auch nicht berufstätigen „Millionärsgattinnen“ gestrichen werden. Außerdem solle das Elterngeld für Besserverdiener von 1800 auf 1500 Euro gekürzt werden.

Die SPD warf Schröder Klientelpolitik vor. Sie habe keinen Bezug zur gesellschaftlichen Realität von Familien, sagte die familienpolitische Sprecherin Caren Marks. Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Wer hat, dem wird gegeben, und die im Dunklen werden noch tiefer in den schwarzen Keller gestürzt“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Sie kündigte Proteste an.

Die Diakonie Hamburg wies darauf hin, dass von den Kürzungen drei Millionen Kinder und Jugendliche betroffen seien. Arme Familien und Alleinerziehende würden bewusst aus der Gesellschaft ausgeschlossen, die Wohlhabenden hingegen verschont, sagte Diakonie-Chefin Annegrethe Stoltenberg. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer.“

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