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Atomkraftwerke

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Energiepreise: Atomkraftwerke oder Sozialtarife - die Suche nach einem Ausweg

Die Kosten für Heizöl, Kohle und Gas explodieren. DGB und Linkspolitiker fordern deshalb Sozialtarife für Energie. CSU-Chef Erwin Huber hat einen anderen Plan: Er möchte die AKW-Laufzeit auf bis zu 60 Jahre erhöhen. Die SPD kritisiert den Plan als "verantwortungslos".

Angesichts der explodierenden Energiepreise ist am Wochenende die Debatte um Sozialtarife und um die Zukunft der Atomenergie erneut hochgekocht. CSU-Chef Erwin Huber will die Laufzeiten der Atomkraftwerke drastisch verlängern und die daraus resultierenden Gewinne den Verbrauchern zu Gute kommen lassen. "Ich schlage einen Pakt vor, mit dem sich die Energiewirtschaft verpflichtet, die Gewinne aus einer Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke im Wesentlichen zur Dämpfung der Strompreis-Explosion einzusetzen", sagte Huber der "Bild am Sonntag".

Er ging davon aus, dass die Energiewirtschaft dazu bereit wäre. "Voraussetzung aber ist die Bereitschaft der Politik, die Laufzeiten real zu verlängern. International sind heute Laufzeiten bis zu 60 Jahren technisch machbar." Der CSU-Chef nannte die Kernkraft-Risiken zudem "beherrschbar". Er fügte hinzu: "Der Treibhauseffekt, der das Weltklima bedroht, ist es nicht."

Die Union versucht seit langem, die SPD zu einer Aufweichung oder Abschaffung des unter Rot-Grün beschlossenen Atomausstiegs zu bewegen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD allerdings vereinbart, nicht daran zu rütteln. Der Anstieg der Energiepreise hat der Unionsforderung aber neuen Auftrieb verschafft.

Die Forderung von CSU-Chef Erwin Hubers stößt unterdessen auf harsche Kritik der SPD. Generalsekretär Hubertus Heil hielt Huber Verantwortungslosigkeit vor. "Wer störanfällige Altmeiler bis zum Sanktnimmerleinstag laufen lassen will, handelt verantwortungslos", erklärte er. Huber sei "seine ideologische Fixierung auf Atomkraft und die Profite der großen Energieversorger wichtiger als die Sicherheit der Menschen".

DGB-Chef: Deutsche können die Kosten nicht mehr bezahlen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Linke warnten davor, dass zehntausende Deutsche im nächsten Winter frieren müssten, weil sie sich die Heizung nicht mehr leisten könnten. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi ging sogar von Kältetoten aus. Vertreter von DGB, SPD, Grünen und Linken forderten staatliche Hilfen.

DGB-Chef Michael Sommer sieht die Lage dramatisch: "Es droht der erste Winter seit langem zu werden, in dem Zehntausende Deutsche frieren müssen." Der "Bild am Sonntag" sagte er weiter: "Aufgrund der drastisch gestiegenen Energiepreise dürften viele Mieter, Wohnungs- und Hauseigentümer ihre Kosten für Heizöl, Gas oder Kohle nicht mehr bezahlen können." Die Große Koalition forderte er zu schnellem Handeln auf: "Sinnvoll wären vernünftig gestaltete Sozialtarife" für Heizung und Strom. Ein nach Haushaltsgröße gestaffelter Grundbedarf könnte deutlich für alle verbilligt werden. Dies sei ein starker Anreiz zum Sparen. Die Versorger sollten laut Sommer verpflichtet werden, eine festgelegte Menge an Strom und Gas zu einem niedrigeren Preis an jeden Haushalt abzugeben. Finanziert würden die Sozialtarife aus den Gewinnen der Energieunternehmen.

Gysi: Den unteren Einkommensgruppen muss geholfen werden

Gysi sagte, die Politik müsse "die Energiekonzerne zwingen, Sozialtarife anzubieten, damit wir in Deutschland keine Kältetoten bekommen". Im Tagesspiegel am Sonntag warf er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Gleichgültigkeit vor. Wenn es keine Sozialtarife gebe, müsse den unteren Einkommensgruppen anders geholfen werden. "Dann müssen wir zumindest bei Hartz IV aufstocken und bei der Grundsicherung für Rentner." SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer kündigte eine Gesetzesinitiative für Sozialtarife an. "Wir wollen erreichen, dass Bundestagsfraktion und Bundespartei ab September einen Gesetzentwurf für Sozialtarife bei Strom und Heizung ausarbeiten", sagte Scheer der "Bild am Sonntag". "Es darf nicht sein, dass Menschen in Deutschland in diesem Winter in kalten Wohnungen sitzen müssen."

Der Grünen-Politiker Volker Ratzmann plädierte dafür, Heizkostenzuschüsse an die Pflicht zum Energiesparen zu knüpfen. Wer einen Zuschuss beantragt, solle nachweisen müssen, dass Einsparmöglichkeiten genutzt werden, sagte der Kandidat für den Bundesvorsitz der grünen Partei der "Braunschweiger Zeitung" vom Samstag. Dies reiche von der Glühbirne bis zum Ausschalten des "Standby-Modus". (rope/dpa/AFP)

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