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Energiestreit: Öl soll bald fließen

Nach weißrussischen Zugeständnissen im Ölstreit mit Russland hat der vom Kreml kontrollierte Pipelinemonopolist Transneft die Wiederaufnahme des Ölexports in den Westen für Donnerstag angekündigt.

Minsk/Moskau/Prag - "Ich bin sicher, dass das Öl morgen wieder im vollen Umfang nach Europa fließt", sagte der Transneft-Vorsitzende Semjon Wajnschtok am Mittwochabend in Moskau. Zuvor hatte Weißrussland wie von Moskau gefordert die umstrittene Durchleitungsgebühr für russisches Rohöl zurückgenommen. Die Präsidenten beider Länder, Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko, trafen telefonisch eine Einigung, um die seit Montag unterbrochenen Öllieferungen nach Deutschland, Polen und in weitere EU-Länder wieder aufzunehmen.

Nach Transneft-Angaben fehlte am Mittwochabend nur noch eine schriftliche Bestätigung aus Weißrussland, dass die technische Bereitschaft für die Wiederaufnahme der Pumpleistung gewährleistet sei. Der weißrussische Vize-Regierungschef Andrej Kobjakow sagte nach Verhandlungen in Moskau, das Öl fließe in "allernächster Zeit" wieder. Der russische EU-Botschafters Wladimir Tschischow sagte nach einem Treffen mit EU-Energiekommissar Andris Piebalgs in Brüssel: "Ich denke, es ist eine Frage weniger Stunden." Piebalgs sagte, die EU erwarte, dass spätestens am Donnerstag wieder Öl durch die Leitung fließe. Er betonte zudem, die Europäer hätten eine raschere Information über die Lieferunterbrechung gewünscht. Botschafter Tschischow sagte, auch für die Regierung in Moskau sei der Fall eine unangenehme Überraschung gewesen.

EU-Experten beraten über Ölversorgung

Ungeachtet der Einigung werden Experten der 27 EU-Staaten und der Kommission am Donnerstag in Brüssel über die Öl-Versorgung der Gemeinschaft beraten. An dem Treffen würden auch Vertreter Russlands und Weißrusslands teilnehmen, kündigte Piebalgs an. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnte unterdessen davor, die Versorgungssicherheit anzuzweifeln. Es gebe ein hohes Interesse an einer verlässlichen russischen Energieversorgung. "Ich rate, dies nicht ständig anzuzweifeln", sagte Steinbrück nach einem Treffen mit seinem spanischen Amtskollegen Pedro Solbes. Bei dem jüngsten Energiestreit zwischen Moskau und Minsk handele es sich um einen Konflikt aus alter sowjetischer Zeit. Dies sollte nicht zum Gegenstand fundamentaler Zweifel gemacht werden.

Am Nachmittag hatte es Meldungen aus der Slowakei gegeben, der Öltransport über den südlichen Strang der "Freundschaft"-Pipeline ("Druschba") sei bereits wieder aufgenommen worden. Das slowakische Wirtschaftsministerium lieferte eine Erklärung für die widersprüchlichen Angaben. Bei den genannten Öllieferungen handele es sich um etwa 80.000 Tonnen Rohöl, die Weißrussland zuvor umstrittenerweise abgezweigt habe, hieß es.

Alle strittigen Fragen klären

Weißrussland teilte mit, Putin und Lukaschenko hätten nach einem Telefonat am Mittwoch ihre Regierungen angewiesen, bis Freitag alle strittigen Fragen zu klären, meldete die Staatsagentur Belta in Minsk. Ein russischer Regierungssprecher hatte die von Weißrussland verkündete Kompromisslösung zunächst mit den Worten kommentiert, in Moskau bewerte man das Gespräch der Präsidenten "zurückhaltender". Der Kreml teilte lediglich mit, dass Telefonat der Präsidenten über den Ölstreit sei auf weißrussische Initiative hin geführt worden. Der weißrussische Regierungschef Sergej Sidorski kündigte an, er werde am Donnerstag zu Gesprächen mit seinem russischen Kollegen Michail Fradkow nach Moskau fliegen.

Moskau bekräftigte seinen Vorwurf, Weißrussland habe die Pipeline- Blockade ausgelöst, was Minsk dementierte. In Russland lagen keine offiziellen Zahlen vor, wie groß der finanzielle Schaden für die russische Ölindustrie durch die Blockade der wichtigsten Ölröhre in Richtung Westen ist. Laut russischen Medienberichten bereitete der Kreml zuletzt drastische Sanktionen gegen den in Ungnade gefallenen Nachbarstaat vor. Die Moskauer Wirtschaftszeitung "Wedomosti" schrieb unter Berufung auf die Regierung, man plane Strafzölle auf weißrussisches Fleisch und andere Lebensmittel sowie auf Möbel und Fernseher. Russland ist für die weißrussische Planwirtschaft der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt.

Auslöser für den Streit zwischen den Ex-Sowjetrepubliken war die Entscheidung des Kremls, die Subventionierung Weißrusslands mit billigem Öl und Gas zu beenden. Russland hatte zum Jahresbeginn die Exportzölle auf Rohöl für Weißrussland drastisch erhöht. Minsk führte im Gegenzug die Durchleitungsgebühr für den Öltransit in Richtung Westen ein. (tso/dpa)

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