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Aus der Diskussion darüber, ob die Fördersätze für Solarstrom zu hoch sind, ist längst eine Grundsatzdiskussion über das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz geworden.

© dapd

Energiewende: Erneuerbare Energien als Feind

Wirtschaftsminister Röslers wichtigste Beratungsgremien wollen das Erneuerbare-Energien-Gesetz abschaffen. Der Präsident des Umweltbundesamtes warnt vor einem Scheitern der ganzen Energiewende.

Von der großen Einigkeit über die Energiewende ist nicht mehr allzu viel übrig. Nicht nur Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und die Wirtschaftspolitiker der Unionsfraktion versuchen, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu stoppen. Auch die wichtigsten Beratungsgremien Röslers treten in ihren aktuellen Gutachten auf die Bremse. Sowohl der Sachverständigenrat für Wirtschaft als auch die Monopolkommission empfehlen die Abschaffung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG).

Die beiden Beratungsgremien wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien stattdessen über ein Quotensystem erreichen. Damit würden Stromhändler dazu verpflichtet, einen bestimmten Anteil erneuerbar erzeugten Stroms zu verkaufen. Das sei „wirtschaftlich effizienter“, argumentieren die Wirtschaftsweisen und komme die Verbraucher billiger, glaubt die Monopolkommission. Allerdings liegt der Preis für eine Kilowattstunde Windstrom in Großbritannien bei 17 Cent, in Deutschland bei sieben. Dort wurde das Quotensystem gerade abgeschafft und ein Einspeisegesetz beschlossen. Der grüne Energieexperte Hans-Josef Fell hält Grünstrom-Zertifikate für erwiesenermaßen erfolglos, weil weder die geplante Ausbaumenge erreicht noch die Kostenersparnis realisiert wurde. Abgesehen davon werden nur Technologien in den Markt gebracht, die kurz vor der Wettbewerbsfähigkeit stehen. Neue Technologien haben keine Chance.

Erstaunlicherweise sehen beide Beratungsgremien lediglich im EEG eine „Marktverzerrung“. Aktuell wird in Europa aber durch Subventionen für Kohle, Gas oder Erdöl jede Tonne Kohlendioxid (CO2) mit rund neun Euro bezuschusst. Der aktuelle CO2-Preis im von beiden Gremien als überaus effizient gelobten Emissionshandel liegt bei unter acht Euro pro Tonne. Das hat der Klimaökonom Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung jüngst ausgerechnet. Allerdings war der Emissionshandel bisher klimapolitisch wirkungslos, weil die Regierungen mit Rücksicht auf ihre Industrie immer zu viele Zertifikate ausgegeben haben. Die Monopolkommission behauptet in ihrem Gutachten, wegen des Emissionshandels trage das EEG nicht zum Klimaschutz bei, weil die durch den Ausbau erneuerbarer Energien eingesparten CO2-Zertifikate anderswo genutzt werden könnten.

Der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Jochen Flasbarth, sagte dem Tagesspiegel: „Es ist schon bemerkenswert, dass die wesentliche Konzeption des Emissionshandels von der Monopolkommission nicht zur Kenntnis genommen wird.“ Bei der Aushandlung der Emissionsobergrenze für Deutschland seien „der Ausbaupfad für erneuerbare Energien“ eingerechnet worden. Zum Quotenmodell sagt Flasbarth, er könne nachvollziehen, dass dieses auf den ersten Blick „für Ökonomen verlockend“ aussehe. In der Theorie führe ein solches System dazu, dass die erneuerbaren Energien am jeweils besten und damit billigsten Standort erzeugt würden. „Allerdings funktioniert das nur, wenn die Klimaschutzziele wenig ambitioniert sind“, gibt Flasbarth zu bedenken. „Für hohe Ausbauziele, wie sie Deutschland verfolgt, braucht man eine frühzeitige Technologieförderung für weniger wind- oder sonnenreiche Standorte.“ Die andauernde Grundsatzdebatte bewertet Flasbarth als „Investitionshindernis für die Energiewirtschaft“. Flasbarth plädiert dafür, zu einer „Politik der ruhigen Hand“ zu finden, um die Energiewende nicht zu gefährden.

Auch in der FDP regt sich Kritik an Röslers Kahlschlagplänen. „Eine Deckelung entspricht nicht gerade liberalen Prinzipien“, sagte Bayerns Wirtschafts-Staatssekretärin Katja Hessel der „Financial Times Deutschland“.

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