zum Hauptinhalt

Politik: Enge Bindung

Opposition hält den Vertrag zwischen Regierung und Atomkonzernen für verfassungswidrig

Berlin - Künftige Regierungen sind nicht gebunden – dies sagte Regierungssprecher Steffen Seibert, als er danach gefragt wurde. Allerdings enthält die nun veröffentlichte Vorfassung zu dem Vertrag, den die Regierung und die vier großen Energiekonzernen am 28. September unterschreiben wollen, keine Vereinbarungen zu einer einseitigen Kündigung. Braucht es auch nicht, meint er, weil es in dem Vertrag ja nur um die Gewinnabschöpfung aus der Laufzeitverlängerung gehe. Gebe es keinen Gewinn mehr, sei auch der Vertragsgegenstand hinfällig.

Allgemein war erwartet worden – wie jetzt auch nach den Eckpunkten vorgesehen –, dass Bund und Versorger einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abschließen. Die Anbieter haben damit Betriebs- und Investitionssicherheit, auch wenn die Regierung wechselt. Vertragspartner ist der Bund, vertreten durch die Regierung. Er bleibt an die Absprachen gebunden, auch wenn die Opposition die nächsten Wahlen gewinnen sollte. Eine Regierung, die davon abweicht, wird vertragsbrüchig und macht sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig. Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) kritisierte, es sei wahrscheinlich verfassungswidrig, künftige Gesetzgeber an diesen Vertrag zu binden. „Das werden wir uns an dieser Stelle nicht gefallen lassen.“ Edda Müller von der Anti-Korruptions- Organisation Transparency International bezweifelte am Freitag im NDR-Info, „ob das verfassungsrechtlich Bestand haben kann und ob nicht hier das Demokratieprinzip abgeschafft wird, dass eine Regierung mit Privaten Verträge schließt, die am Parlament vorbei Geltung haben“. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) und der Justizminister Heinz-Georg Bamberger (SPD) sehen ebenfalls Verfassungsprobleme, zumal die Länder nicht einbezogen seien.

Der Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Moench von der Kanzlei Gleiss Lutz betonte dagegen, der geplante Vertragsschluss sei „legitim und zweckmäßig“. Beide Seiten hätten daran Interesse, sagte Moench, der für die Kraftwerksbetreiber Rechtsfragen zur Laufzeitverlängerung begutachtet hatte, am Freitag dem Tagesspiegel. Einer Zustimmung des Bundesrates bedürfe es nicht. „Gegenwärtig sehe ich keine Möglichkeiten, den geplanten Vertrag juristisch anzugreifen.“ Vertragsanpassungen oder Kündigungen sind nur vorgesehen bei „wesentlichen Änderungen der Marktmechanismen“, insbesondere einer neuen Strompreisgestaltung, sowie bei Änderungen der „hoheitlichen Anforderungen“ oder des „Entsorgungsregimes“. Die Eckpunkte verweisen dazu auf die gesetzlichen Bestimmungen zu öffentlich-rechtlichen Verträgen. neu/deh

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false