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Getötete Geisel

© AFP

Entführung in Afghanistan: Leichnam der Geisel weist Brustschüsse auf

Ermittler haben inzwischen die Leiche des in Afghanistan ums Leben gekommenen Deutschen untersucht. Eine erste Obduktion ergab, dass dem Ingenieur offenbar mehrfach in die Brust geschossen wurde.

Nachrichtenagenturen berichten unter Berufung auf "Spiegel online", dass der Leichnam des entführten Ingenieurs Rüdiger B. mehrere Brustschüsse aufweise. Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) hätten dies nach einer ersten Untersuchung der Leiche am Sonntagabend in Kabul nach Berlin gemeldet, heißt es weiter. Am Rücken des Mannes sollen große Austrittswunden zu sehen sein. Ob der Mann durch die Schüsse starb oder bereits tot war, als auf ihn gefeuert wurde, ist bislang noch unklar.

Der Leichnam soll im Laufe des heutigen Tages nach Deutschland gebracht werden. Die deutsche Botschaft in Kabul bemüht sich derzeit um die Erledigung von Formalitäten. In Deutschland wird der Leichnam nach Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) obduziert. "Wir wollen Gewissheit über die Todesursache haben." Die Bundesregierung hoffe, diese in den nächsten Stunden und Tagen zu bekommen, sagte er am Rande einer Sitzung in Brüssel.

Im Auswärtigen Amt bemüht sich der Krisenstab weiter um die Freilassung der zweiten deutschen Geisel. "Wir sind dazu mit allen afghanischen Behörden in Kontakt und wir hoffen hier auf den nötigen Erfolg", sagte Steinmeier.

Der ums Leben gekommene deutsche Ingenieur hinterlässt eine Frau und einen schulpflichtigen Sohn in Wismar. Nach Angaben des Teterower Bürgermeisters Uwe Rethmeyer (CDU) hatte die Familie mehrere Jahre in dem Ort in Mecklenburg-Vorpommern gelebt, bevor sie vor zwei Jahren nordwärts nach Wismar zog. In der Kleinstadt sei bekannt, dass der 44-Jährige in Afghanistan tätig und zuckerkrank gewesen sei. Der Bauingenieur lebte zuvor in Schleswig-Holstein. Zuletzt arbeitete der 44-Jährige für die Baufirma KBW Afghanistan.

Ist eine Stammesfehde Hintergrund der Entführung?

In Deutschland wollen Politiker von Regierung und Opposition am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan festhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss im ARD-Sommerinterview auch die Entsendung von weiteren Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan nicht aus. Derzeit sind insgesamt rund 3000 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert. Die Mandate für die Internationale Schutztruppe Isaf und die Tornado-Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr laufen Mitte Oktober aus. Der Bundestag entscheidet vorher über die Verlängerung.

Beobachter in Kabul schlossen nicht aus, dass eine Stammesfehde Hintergrund der Entführung ist und die Kidnapper es ursprünglich auf den inzwischen frei gelassenen afghanischen Ingenieur Eshak Noorzai abgesehen hatten. Noorzai ist der Bruder des stellvertretenden Parlamentssprechers Arif Noorzai und gehört einer prominenten, wohlhabenden und mächtigen afghanischen Familie an.

Koalitionstruppen wollen 23 Südkoreaner befreien

Steinmeier zeigte sich empört darüber, dass das Schicksal der Geiseln von den radikal-islamischen Taliban instrumentalisiert worden sei. Damit bezog er sich auf Äußerungen eines Sprechers der Islamisten, der behauptet hatte, dass die beiden deutschen Ingenieure von den Taliban entführt und nach Ablauf eines an Berlin gerichteten Ultimatums zum Abzug der deutschen Truppen ermordet wurden. Eine entsprechende Mitteilung auf der Internetseite der Taliban wurde bis Sonntag wieder aus dem Netz genommen.

Derweil bereiteten afghanische Sicherheitskräfte zusammen mit Einheiten der US-geführten Koalitionstruppen einen möglichen Einsatz zur Befreiung von 23 in der südlichen Provinz Ghasni verschleppten Südkoreanern vor. Sie umstellten ein Dorf im Bezirk Kara Bagh in der südlichen Provinz Ghasni. "Wir wissen, wo die Geiseln festgehalten werden", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul, Sahir Asimi. Da die Geiselnehmer gedroht hätten, die Entführten im Fall eines Angriffs zu ermorden, warte man weitere Einsatzbefehle ab.

Kabul habe zugesagt, keine Militäraktionen zu starten, die das Leben der Geiseln gefährdeten, sagte ein Regierungsbeamter in Seoul der Nachrichtenagentur Yonhap. Die 23 am Donnerstag Verschleppten gehören nach offiziellen Angaben einer christlichen Gruppe an und wollten in Afghanistan medizinische Hilfe leisten. Die Taliban hatten für ihre Freilassung die Entlassung von ebenso vielen Gesinnungsgenossen aus afghanischer Haft und den Abzug der südkoreanischen Truppen aus Afghanistan gefordert. (mit AFP/dpa/ddp)

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